Justiz geht gegen Frankreichs Parlamentspräsidenten Ferrand vor
In Frankreich steht erneut ein enger Vertrauter von Präsident Emmanuel Macron unter Druck der Justiz: Gegen Parlamentspräsident Richard Ferrand wurde ein offizielles Ermittlungsverfahren in einer Immobilienaffäre eröffnet, wie die Staatsanwaltschaft im nordfranzösischen Lille in der Nacht zum Donnerstag mitteilte. Macron sprach Ferrand zwar sein "volles Vertrauen" aus. Aus der Opposition wurden aber Rücktrittsforderungen laut, da der Präsident in ähnlichen Fällen hart durchgegriffen hatte.
Als Vorsitzender der französischen Nationalversammlung bekleidet der 57-jährige Ferrand das vierthöchste Amt im Staat. Die Justiz verdächtigt ihn, als früherer Leiter einer Versicherung seiner Lebensgefährtin und ihrer Gesellschaft ein Sanierungsprojekt zugeschanzt zu haben. Die Vorwürfe lauten auf Vetternwirtschaft und illegale Einflussnahme.
Ferrand gilt als Macron-Vertrauter der ersten Stunde; der frühere Sozialist engagierte sich im Präsidentschaftswahlkampf in vorderster Reihe für den heutigen Staatschef und war auch maßgeblich am Aufbau von dessen neuer Partei beteiligt, die 2017 aus dem Stand die absolute Mehrheit in Frankreich holte.
Zunächst ernannte Macron Ferrand zum Minister für den territorialen Zusammenhalt. Diesen Posten legte Ferrand dann aber nach Bekanntwerden der Immobilienaffäre nieder und wechselte im Juni 2017 ins Parlament, wo er Immunität genießt. Zunächst war er Fraktionschef der Präsidentenpartei. Seit einem Jahr steht er der Nationalversammlung vor.
Zusammen mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hatte Ferrand im März eine deutsch-französische Parlamentsversammlung auf den Weg gebracht. Das Mini-Parlament mit je 50 Abgeordneten beider Länder tagt zweimal im Jahr.
(W.Novokshonov--DTZ)