Ex-Bundestagsabgeordneter in der Türkei wegen Präsidentenbeleidigung angeklagt
In der Türkei ist der frühere Bundestagsabgeordnete Memet Kilic wegen Präsidentenbeleidigung angeklagt worden. Der Grünen-Politiker aus Heidelberg muss sich im Dezember wegen eines Interviews einer türkischen Zeitung vor Gericht verantworten, wie Kilic am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP bestätigte. Seines Wissens nach sei er der erste aktive deutsche Politiker, der in der Türkei angeklagt werde.
"Ich habe niemanden beleidigt, doch politische Auseinandersetzung muss sein", sagte Kilic. In dem Interview vom Juli 2017 hatte er mit Blick auf die Regierenden in der Türkei das Wort "Vaterlandsverräter" benutzt. "Als Politiker türkischen Ursprungs empfinde ich großen Kummer, dass mein Land in diese Lage gebracht worden ist, und sehe jene, die es in diesen Zustand gebracht haben, als Vaterlandsverräter", sagte er damals.
Kilic sagte nun, er habe das Wort in dem Interview als "Retourkutsche" gebraucht, da der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan es damals selbst ständig verwendet habe. "Man muss totalitäre Regime immer wieder demaskieren, sonst haben sie gewonnen", sagte Kilic, der in Heidelberg als Rechtsanwalt tätig ist. Die Anklage zeige, dass die Justiz in der Türkei zum "Unterdrückungsinstrument der Herrschenden" geworden sei.
Sein Anwalt Veysel Ok sagte AFP, wegen Präsidentenbeleidigung drohten in der Türkei zwischen einem und vier Jahren Haft. Entgegen den üblichen Prozeduren sei Kilic vor Erhebung der Anklage nicht angehört worden, bemängelte der Anwalt. Über die Anklage sei Kilic erst vor einem Monat informiert worden, eine Vorladung im Ermittlungsverfahren habe es nicht gegeben.
Der Prozess soll nun am 17. Dezember in Ankara beginnen, wo Kilic als Anwalt registriert ist. Er habe noch nicht entschieden, ob er zu der Anhörung reisen werde, sagte Kilic, der die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft besitzt. Bisher liege kein Haftbefehl gegen ihn vor, doch sei eine Festnahme nicht auszuschließen. Er sei in den vergangenen drei Jahren nicht mehr in die Türkei gereist, weil er bereits "mit so was" gerechnet habe, sagte er.
(I.Beryonev--DTZ)