Deutsche Tageszeitung - Forstministerin Klöckner spricht wegen Waldschäden in Deutschland von "Zäsur"

Forstministerin Klöckner spricht wegen Waldschäden in Deutschland von "Zäsur"


Forstministerin Klöckner spricht wegen Waldschäden in Deutschland von "Zäsur"
Forstministerin Klöckner spricht wegen Waldschäden in Deutschland von "Zäsur" / Foto: ©

Nach Beratungen mit Fachverbänden über die aktuellen großflächigen Waldschäden hat Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) die Lage als "Zäsur" bezeichnet. Es geschehe "Dramatisches", sagte Klöckner am Donnerstag in Berlin vor Journalisten. Nach zwei Dürrejahren seien bereits mehr als 110.000 Hektar geschädigt. Der Deutsche Forstwirtschaftsrat forderte von der Bundesregierung unterdessen Finanzhilfen in Milliardenhöhe ein.

Textgröße ändern:

Klöckner traf sich am Donnerstag mit Vertretern verschiedener Branchen- und Fachverbände, um über deren Sicht auf die Waldschäden und die notwendigen Maßnahmen zur Wiederaufforstung und zum Waldumbau zu sprechen. Dabei waren unter anderem Waldbesitzer, Naturschützer sowie Organisationen der Holzwirtschaft und der Jägerschaft.

Diese hätten "viele verschiedene Wünsche geäußert", die nun "in Ausgleich" gebracht und "wissenschaftlich bewertet" würden, sagte Klöckner. Sie habe die Erfahrungen der Verbände zur Vorbereitung auf den von ihr geplanten nationalen Waldgipfel im September hören wollen. Dort werde sie dann "Leitlinien" zu Wiederbewaldung und zu einem langfristigem Waldumbau vorstellen, erklärte die Ministerin.

Sie selbst stehe für "standort- und klimaangepasste Mischwälder". Es gehe unter anderem darum, die Wälder besser an Klimaveränderungen anzupassen. "Es geht hier nicht um Dürrehilfen für Waldbesitzer", sagte sie. Der Umbau des Walds werde sich über Jahrzehnte ziehen.

Klöckner zufolge ergab das Verbändegespräch unter anderem, dass die Baumschulen rund eine Milliarde Setzlinge zur Wiederaufforstung der zerstörten Waldflächen bereitstellen könnten. Diese Zahl war von Fachorganisationen genannt worden. Zugleich bereite ein "enormer Engpass" beim Forstpersonal Schwierigkeiten. Einige Bundesländer hätten einen Einstellungsstopp verhängt, das sei "wirklich ein Problem". Hilfsgelder müssten außerdem "unbürokratisch fließen".

In Deutschland gehen seit dem vergangene Jahr großflächig Bäume ein. Grund sind vor allem Trockenstress und dadurch ausgelöste Folgeprobleme sowie Stürme, aber auch Waldbrände. Die Entwicklungen werden mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Insbesondere Schädlingsbefall etwa durch Borkenkäfer vernichtet aktuell große Flächen. Im Raum stehen inzwischen Forderungen nach staatlichen Maßnahmenpaketen in Höhe von bis zu zwei Milliarden Euro und mehr.

Der Deutsche Forstwirtschaftsrat forderte am Donnerstag ebenfalls schnell Hilfen in dieser Höhe. Die Regierung müsse "jetzt von der Bremse gehen", sagte Verbandspräsident Georg Schirmbeck der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er warnte zugleich vor einer Verschärfung der Lage. Wenn Hitze und Trockenheit weiter anhielten, würden ganze Waldgebiete verlorengehen. So habe sich er Borkenkäferbefall in vielen ausgedörrten Wäldern seit Beginn des Jahres verdoppelt.

Der Forstwirtschaftsrat ist ein bundesweiter Dachverband verschiedener mit Wald- und Forstthemen befasster Institutionen und Organisationen. Dazu gehören verschiedene öffentliche und private Waldbesitzer, Verbände aus der Forstwirtschaft, Behörden, Ministerien und Forschungseinrichtungen. Am Mittwoch hatte der Bund der Deutschen Forstleute erklärt, in diesem Jahr werde sich die zerstörte Waldfläche vermutlich noch einmal auf 250.000 Hektar verdoppeln.

Die FDP im Bundestag forderte die Ansiedlung von nicht in Deutschland heimischen Baumarten. "Angesichts der Dynamik des Klimawandels darf es beim Thema Waldumbau keine ideologisch motivierten Denkverbote mehr geben", sagte Vizefraktionschef Frank Sitta der Nachrichtenagentur AFP.

Die Grünen erneuerten ihre Forderung nach einem "Waldzukunftsfonds" des Bundes über eine Milliarde Euro. Die Vergabe der Gelder solle an ökologische Kriterien gekoppelt werden, sagte Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter, der "Passauer Neuen Presse".

Die Linke im Bundestag sprach sich derweil gegen staatliche Hilfen für adelige Waldbesitzer aus. "Dass die Bevölkerung den ehemaligen Adelsfamilien jetzt die Wälder, die ihre Vorfahren ihren Untertanen abgepresst haben, mit Steuergeldern retten soll, ist der blanke Hohn", sagte der parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

(M.Dylatov--DTZ)

Empfohlen

Frankreich: Mehr als 100.000 Menschen protestieren gegen rechtsgerichteten Premier

In Frankreich haben am Samstag nach Angaben des Innenministeriums mehr als 100.000 Menschen gegen die Ernennung des neuen rechtsgerichteten Premierministers Michel Barnier demonstriert. Allein in Paris waren es demnach 26.000. Aber auch in vielen anderen Städten wie Nantes, Nizza, Marseille und Straßburg gingen die Menschen gegen die Regierungsübernahme durch den 73-jährigen Konservativen auf die Straße. Die Wut der Demonstrierenden richtete sich auch gegen Präsident Emmanuel Macron.

Tausende in Israel demonstrieren erneut für Abkommen für Freilassung der Geiseln

Genau elf Monate nach dem beispiellosen Angriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel sind dort erneut tausende Menschen für ein Abkommen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung aller Geiseln auf die Straße gegangen. Unter den Teilnehmern der Kundgebungen in Tel Aviv, Jerusalem und anderen Städten waren am Samstag auch Angehörige der immer noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.

Niedrige Wahlbeteiligung: Präsidentschaftswahl in Algerien zu Ende gegangen

Nach einer einstündigen Verlängerung ist die Präsidentschaftwahl in Algerien am Samstag zu Ende gegangen. Statt wie geplant um 20.00 Uhr schlossen die Wahllokale in dem nordafrikanischen Land angesichts einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung erst um 21.00 Uhr Ortszeit (22.00 Uhr MESZ).

Großdemo für "Freiheit" nach Sperrung des Onlinediensts X in Brasilien

Nach der Sperrung des Onlinedienstes X in Brasilien sind in dem südamerikanischen Land am Samstag tausende Demonstranten auf die Straße gegangen. Die Kundgebung in der Wirtschaftsmetropole São Paulo fand am brasilianischen Unabhängigkeitstag als Gegenveranstaltung zu einer offiziellen Parade in der Hauptstadt Brasília mit dem linksgerichteten Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva statt. Dessen rechtsextremer Amtsvorgänger Jair Bolsonaro unterstützte den Protestmarsch in São Paulo.

Textgröße ändern: