Deutsche Tageszeitung - Chefs der G7-Staaten beginnen Beratungen auf spannungsreichem Gipfel in Biarritz

Chefs der G7-Staaten beginnen Beratungen auf spannungsreichem Gipfel in Biarritz


Chefs der G7-Staaten beginnen Beratungen auf spannungsreichem Gipfel in Biarritz
Chefs der G7-Staaten beginnen Beratungen auf spannungsreichem Gipfel in Biarritz / Foto: ©

Selten war der Ausgang eines G7-Gipfels so ungewiss wie dieses Mal: Im französischen Seebad Biarritz kamen am Samstag die Chefs der sieben großen Industriestaaten (G7) zu dreitägigen Beratungen über wirtschaftliche und politische Fragen zusammen. Zahlreiche ungelöste Streitfragen prägen das Treffen: Europäische Vertreter warnten US-Präsident Donald Trump davor, der Weltwirtschaft durch eine weitere Eskalation im Handelskonflikt Schaden zuzufügen. Trump zeigte sich bei seinen ersten Auftritten in Biarritz konziliant.

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Eine konfrontative Handelspolitik sei "schädlich für die ganze Welt", sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron unter Anspielung auf Trump. Der US-Präsident hatte kurz vor seinem Abflug nach Frankreich die Strafzölle auf chinesische Waren erhöht. Seit Monaten belegen sich die beiden größten Volkswirtschaften mit immer neuen Steuern, während die Weltwirtschaft immer klarere Signale der Schwäche aussendet.

Der US-Präsident drohte zudem Frankreich mit Strafzöllen auf Wein, wenn das Land weiter eine Digitalsteuer auf US-Internetkonzerne wie Google und Apple erhebt. Auf diese angespannte Ausgangslage nahm Macron in Biarritz Bezug: "Wir müssen es schaffen, zu einer Form der Deeskalation zu kommen (...) und diesen Handelskrieg zu vermeiden, der sich überall abzeichnet."

EU-Ratspräsident Donald Tusk warnte seinerseits: "Handelskriege führen zur Rezession, Handelsverträge beleben die Wirtschaft." Sollte Trump neue Strafzölle verhängen, werde die EU entsprechend reagieren. Auch der britische Premierminister Boris Johnson zeigte sich in Biarritz besorgt: "Diejenigen, die Strafzölle unterstützen, laufen Gefahr, später für den Abschwung der Weltwirtschaft verantwortlich gemacht zu werden."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte eine "gemeinsame Herangehensweise" bei globalen Streitfragen an. Kein Land könne die Rahmenbedingungen "alleine festlegen".

Gastgeber Macron versuchte bei einem kurzfristig anberaumten Mittagessen mit dem US-Präsidenten, die Atmosphäre zu verbessern. Dabei appellierte Macron auch an Trump, eine Annäherung im Konflikt um den Iran zu ermöglichen: Nötig sei eine "enge Abstimmung", denn allen gehe es um das gleiche Ziel: "Sicherzustellen, dass der Iran keinen Zugang zu Atomwaffen bekommt."

Der US-Präsident reagierte ausweichend auf Macrons Vorstöße als G7-Gastgeber: "Manchmal geraten wir ein wenig aneinander", sagte Trump. "Aber das Wetter ist perfekt und alle verstehen sich." Nach dem bilateralen Treffen war in französischen Regierungskreisen von "punktueller Übereinstimmung" zwischen Trump und Macron in zentralen Fragen die Rede.

Bei dem bis Montag dauernden Treffen soll eine lange Liste von Themen angesprochen werden: Die Konflikte in Syrien und der Ukraine, die Brände im Amazonas-Urwald, Entwicklungspolitik, die Chancen und Risiken der Digitalisierung und die Lage in Afrika, insbesondere in der Sahelzone. Auch die schwierigen Brexit-Verhandlungen dürften zur Sprache kommen.

Vor dem offiziellen Gipfelbeginn stimmten sich die europäischen G7-Länder in einem Vorbereitungstreffen ab, Merkel und Macron kamen auch zu bilateralen Gesprächen zusammen. Mit Trump wird sich Merkel voraussichtlich am Montagmorgen zu einem Gespräch treffen.

Wegen der vielen Differenzen strebt Macron - anders als bei G7-Gipfeln üblich - keine gemeinsame Abschlusserklärung an. Stattdessen sollen sich einzelne Mitgliedsstaaten auf konkrete Ziele verpflichten. Der G7-Gipfel im Vorjahr war gescheitert, weil Trump der Abschlusserklärung seine Unterstützung entzog.

Der G7-Gipfel begann am Samstagabend offiziell mit einem gemeinsamen Abendessen. Zu den sieben führenden Industriestaaten gehören die USA, Kanada und Japan sowie Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien.

Bei einer unangemeldeten Demonstration gegen den Gipfel kam es am Abend zu Zusammenstößen zwischen Protestteilnehmern und Sicherheitskräften. Gipfelgegner versuchten in der Stadt Bayonne, Absperrungen zu überwinden, Steine wurden geworfen. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Wasserwerfer ein, wie AFP-Reporter berichteten. Zuvor waren tausende Demonstranten friedlich vom französischen Grenzort Hendaye ins spanische Irún marschiert.

(I.Beryonev--DTZ)

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