Bundesregierung will Strukturpolitik neu ausrichten
Die Bundesregierung will nach Information von Deutsche Tageszeitung (DTZ) ihre Struktur- und Förderpolitik neu aufstellen. Sie solle künftig nicht länger nach "Himmelsrichtung", sondern nach "Bedarfslagen" ausgerichtet werden, erfuhr DTZ unter Berufung auf die für Mittwoch erwarteten Handlungsempfehlungen zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland. Sie sind das Ergebnis der Beratungen in der entsprechenden Regierungskommission.
Zu den Schlussfolgerungen gehört demnach auch die Selbstverpflichtung der Bundesregierung, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen als "Richtschnur bei allem politischen Handeln" zu nehmen. Den Funke-Zeitungen zufolge heißt es in dem Papier, es bestünden "erhebliche Disparitäten in den regionalen Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten, bei der Verkehrs- und Mobilfunkanbindung und beim Zugang zu Angeboten der Grundversorgung und Daseinsvorsorge". Als Ziel wird genannt, "eine Verfestigung oder sogar Ausweitung bestehender Disparitäten zu verhindern".
Der Text soll am Mittwoch in Berlin von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) vorgestellt werden. Ursprünglich sollte es einen Abschlussbericht der gesamten Kommission geben, in der auch Länder und Kommunen vertreten sind. Das Gremium konnte sich aber auf keine Position einigen, sodass die Regierung nunmehr ihre alleinige Expertise vorlegen will.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund mahnte rasche konkrete Schritte für gleichwertige Lebensverhältnisse an. "Das ist eine entscheidende Zukunftsfrage für unser Land", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Passauer Neuen Presse" vom Montag. In einigen Regionen Deutschlands fühlten sich die Menschen "teilweise abgehängt". Der Städte- und Gemeindebund fordert, gleichwertige Lebensverhältnisse als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern.
Landsberg forderte zudem, die "Förderung nach Himmelsrichtungen" zu beenden. Auch ein Ausspielen Stadt gegen Land müsse vermieden werden, sagte der Geschäftsführer des Verbands. Die Grünen kritisierten die Bundesregierung wegen des Scheiterns eines Abschlussberichts. "Was Seehofer und die Bundesregierung beim Thema Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse veranstalten, ist enttäuschend", erklärte Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann. "Statt des für Juli angekündigten gemeinsamen Abschlussberichts von Bund, Ländern und Kommunen gibt es offenbar nur ein paar Eckpunkte des Bundeskabinetts." Dies sei "ein enttäuschendes Signal für die Menschen vor Ort".
Die Kommission, die Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatten, hatte im September vergangenen Jahres die Arbeit aufgenommen. (A.Nikiforov--DTZ)