Macron will "zwei Männer und zwei Frauen" auf EU-Spitzenjobs
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat vor dem EU-Gipfel eine ausgewogene Vergabe europäischer Spitzenämter an Männer und Frauen gefordert. Er wolle bei den vom Rat der Mitgliedstaaten abhängigen Posten "zwei Männer und zwei Frauen", sagte Macron am Sonntag in Brüssel. Er bezog sich damit auf die Ämter des EU-Kommissionspräsidenten, des Ratspräsidenten, des Außenbeauftragten und des Chefs der Europäischen Zentralbank (EZB).
Auf die Juncker-Nachfolge hatte bisher der CSU-Politiker Manfred Weber Anspruch erhoben, dessen konservative Europäische Volkspartei (EVP) bei der Europawahl im Mai erneut stärkste Kraft im EU-Parlament wurde. Macron ist strikt gegen Weber, den er wegen fehlender Regierungserfahrung nicht für geeignet hält. Damit stiegen die Chancen, dass der sozialdemokratische Spitzenkandidat bei der Europawahl, der Niederländer Frans Timmermans, zum Zuge kommt.
Der zum liberalen Lager gehörende Macron nannte bei seiner Ankunft Timmermans in einer Reihe mit dem französischen Brexit-Beauftragten Michel Barnier und der liberalen EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager als kompetente Kandidaten. Er verwies darauf, dass es in der "neuen Mannschaft für Europa" auch eine Ausgewogenheit zwischen Ost und West geben müsse.
Ratspräsident Donald Tusk hatte am Mittag im Europaparlament bei einem Treffen mit den Fraktionen nach Angaben von EU-Vertretern erklärt, es gebe den Vorschlag mehrerer Mitgliedstaaten, statt Weber einen Sozialdemokraten zum Kommissionspräsidenten zu machen. Anders als Weber hat Timmermans als früherer niederländischer Außenminister Regierungserfahrung und war in den vergangenen fünf Jahren bereits Junckers Stellvertreter.
Allerdings gibt es auch gerade deswegen gegen Timmermans Widerstand aus Italien und den vier osteuropäischen Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei. Als erster Vize-Präsident der Kommission war der Niederländer unter anderem für die Rechtsstaatsverfahren gegen Warschau und Budapest zuständig.
Für einen gemeinsamen Vorschlag der Staats- und Regierungschefs wären 21 EU-Staaten nötig, die für mindestens 65 Prozent der europäischen Bevölkerung stehen. Die Visegrad-Staaten und Italien alleine kommen nicht auf eine Sperrminorität.
Enthält sich aber das im EU-Austritt befindliche Großbritannien, würde dies de facto als Nein zählen. Das Ja-Lager würde dann nicht die Schwelle von mehr als 65 Prozent der Bevölkerung erreichen.
(W.Novokshonov--DTZ)