Tunesiens Präsident Essebsi in "kritischem Zustand"
Tunesiens Präsident Béji Caïd Essebsi liegt schwer erkrankt im Krankenhaus. Essebsis Berater Firas Guefrech teilte am Donnerstag auf Twitter mit, der 92-Jährige befinde sich in "kritischem, aber stabilem Zustand". Zuvor hatte das Präsidialamt auf Facebook erklärt, Essebsi leide unter einer "schweren Krankheit" und sei ins Militärkrankenhaus der Hauptstadt Tunis verlegt worden.
Wenige Stunden vor den offiziellen Verlautbarungen waren bei einem Selbstmordanschlag in Tunis mindestens ein Mensch getötet und acht weitere verletzt worden.
Bereits vergangene Woche war Essebsi ins Krankenhaus gebracht worden. Ein Präsidialberater hatte damals erklärt, Essebsi habe sich routinemäßigen medizinischen Untersuchungen unterzogen, während ein anderer Sprecher von "leichten Beschwerden" des Präsidenten gesprochen hatte. Laut tunesischen Medienberichten soll der ebenfalls Essebsis Partei angehörende Parlamentspräsident Mohamed Ennaceur in Essebsis Abwesenheit die Rolle des Interimspräsidenten übernehmen.
Berichten zufolge wollen Ennaceur und die Abgeordnete Myriam Boujbel noch am Donnerstag im Parlament mit den Chefs der anderen Parteien zusammentreffen. Sollte dabei keine Einigung über die kommissarische Präsidentschaft erzielt werden, ist es theoretisch am Verfassungsgericht, eine Entscheidung zu treffen. Ein ordentliches Verfassungsgericht befindet sich in Tunesien aber noch im Aufbau.
Im April hatte Essebsi seinen Verzicht auf eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl im November erklärt. "In aller Ehrlichkeit denke ich nicht, dass ich mich noch einmal zur Wahl stelle", hatte Essebsi während eines Kongresses seiner Partei erklärt. Vielmehr müsse Jüngeren "die Tür geöffnet werden".
Wenige Monate vor den bevorstehenden Wahlen im Herbst ist das politische Klima in dem nordafrikanischen Land angespannt. Die Tunesier wählen am 17. November einen neuen Präsidenten, Parlamentswahlen sind für den 6. Oktober anberaumt.
Essebsi ist ein altgedienter Politiker. 2014 wurde er bei den ersten demokratischen Wahlen Tunesiens zum Staatsoberhaupt gewählt. Nach dem Arabischen Frühling und dem Sturz des langjährigen Diktators Zine El Abidine Ben Ali 2011 hatte Essebsi die säkularistische Partei Nidaa Tounès gegründet.
Seine politische Karriere hatte Essebsi als Berater des ersten tunesischen Präsidenten nach der Unabhängigkeit von Frankreich, Habib Bourguiba, begonnen. In den Jahrzehnten danach hatte er unter Bourguiba und später unter Ben Ali eine Reihe hoher politischer Ämter inne. So leitete er über die Jahre unter anderem sowohl das Innen- als auch das Außenministerium.
(M.Dylatov--DTZ)