Deutsche Tageszeitung - Oppositionskandidat Imamoglu klarer Sieger bei Bürgermeisterwahl in Istanbul

Oppositionskandidat Imamoglu klarer Sieger bei Bürgermeisterwahl in Istanbul


Oppositionskandidat Imamoglu klarer Sieger bei Bürgermeisterwahl in Istanbul
Oppositionskandidat Imamoglu klarer Sieger bei Bürgermeisterwahl in Istanbul / Foto: ©

Klarer Sieg für die Opposition bei Bürgermeisterwahl in Istanbul: Der Kandidat Ekrem Imamoglu von der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) gewann die Wahl am Sonntag klar mit 54 Prozent. Sein Rivale Binali Yildirim von der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Präsident Recep Tayyip Erdogan gestand kurz nach Bekanntgabe der ersten Ergebnisse seine Niederlage ein.

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"Ich gratuliere ihm und wünsche ihm viel Glück", sagte Yildirim bei einem Auftritt im Fernsehen. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu hatte kurz zuvor gemeldet, dass Imamoglu nach Auszählung des Großteils der Stimmen klar in Führung liege. "Ich hoffe, dass Ekrem Imamoglu Istanbul gut dienen wird. Wir werden versuchen, ihm auf jede Weise zu helfen", sagte Yildirim. Die Wahl zeige, dass "die türkische Demokratie ohne Probleme funktioniert".

Oppositionskandidat Imamoglu bezeichnete seinen Sieg als "neuen Beginn" für die Türkei. "Nicht eine einzelne Partei, sondern ganz Istanbul und die Türkei haben diese Wahl gewonnen", sagte der CHP-Politiker. Die Wahl sei ein "Beitrag zum demokratischen Prozess in der Türkei" gewesen. Er erklärte seine Bereitschaft, mit Präsident Erdogan "harmonisch zusammenzuarbeiten", um "Istanbuls dringendsten Probleme zu lösen".

Imamoglu war bei der ersten Wahl am 31. März knapp vorn gelandet, doch hatte die AKP "massive Unregelmäßigkeiten" geltend gemacht. Unter dem Druck der AKP annullierte die Wahlkommission Anfang Mai schließlich die Wahl und ordnete eine Wiederholung an. Die umstrittene Entscheidung warf Fragen auf, ob unter Erdogan noch ein demokratischer Machtwechsel möglich sei. Die Wahl am Sonntag galt daher als Test für die Demokratie in der Türkei.

Imamoglu konnte nun seinen Vorsprung deutlich ausbauen. Hatte er die erste Wahl in der 16-Millionen-Metropole mit einem hauchdünnen Vorsprung von nur 28.000 Stimmen gewonnen, siegte er nun einem Abstand von gut 777.000 Stimmen, wie Anadolu meldete.

Nach Auszählung von 99,4 Prozent der Stimmen erreichte er demnach 54,03 Prozent, während Yildirim auf 45,09 Prozent kam. Die Wahlbeteiligung lag bei 84,4 Prozent.

Der Politikwissenschaftler Berk Esen von der Bilkent Universität in Ankara nannte den Sieg Imamoglus eine "kolossale Niederlage für Yildirim, aber auch für Erdogan". "Er hat sich verspekuliert. Der Abstand zwischen den beiden Kandidaten war so hoch, dass es keinen Sinn machte, weiter zu beharren", sagte Esen. Er erwarte, dass die AKP-Führung nun versuchen werde, die Bedeutung der Wahl herunterzuspielen.

In Hochburgen der Opposition wie Sisli wurde der Sieg Imamoglus mit Jubel und Gehupe begrüßt. Die AKP-Anhänger, die sich vor dem Hauptquartier der Partei versammelten, reagierten dagegen wütend und traurig. "Dies ist eine Lehre für uns", sagte der AKP-Anhänger Ali Kasapoglu unter Tränen. "Ich bin mir aber sicher, dass Imamoglus Wähler es am Ende bereuen werden, für ihn gestimmt zu haben. Er ist eine lahme Ente, er kann nichts tun in Istanbul."

Für Erdogan ist der Verlust der Wirtschaftsmetropole eine Niederlage mit weitreichenden Konsequenzen. Er hatte selbst seine politische Karriere 1994 als Bürgermeister von Istanbul begonnen. "Wer Istanbul gewinnt, gewinnt die Türkei", hat Erdogan einmal gesagt. Der Sieg in Istanbul wird die CHP in der ganzen Türkei stärken, während die AKP mit dem Verlust der Kontrolle über die Stadtverwaltung wichtige Ressourcen verliert.

Die Wahl stand im Zeichen der Wirtschaftskrise. Auch unter AKP-Wählern war die Unzufriedenheit hoch über den drastischen Anstieg der Lebenshaltungskosten seit dem Absturz der Währung im vergangenen Sommer. Imamoglu hatte sich im Wahlkampf ganz auf soziale Themen wie Armut, Arbeitslosigkeit und Kinderbetreuung konzentriert und dem "System der Verschwendung" in der Stadtverwaltung den Kampf angesagt.

(V.Sørensen--DTZ)

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