Deutsche Tageszeitung - Spanier müssen erneut neues Parlament wählen

Spanier müssen erneut neues Parlament wählen


Spanier müssen erneut neues Parlament wählen
Spanier müssen erneut neues Parlament wählen / Foto: ©

In Spanien haben die Bürger am Sonntag zum dritten Mal in dreieinhalb Jahren ein neues Parlament gewählt. Ministerpräsident Pedro Sánchez kann zwar mit einem Sieg seiner Sozialisten, aber nicht mit einer Regierungsmehrheit rechnen. Eine Überraschung mit Ansage erwarten Beobachter von der rechtsextremen Partei Vox: Sie könnte noch stärker abschneiden, als es Umfragen vorhersagen.

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Sánchez gab am Sonntag kurz nach Öffnung der Wahllokale seine Stimme in Madrid ab. Meinungsforscher sehen seine Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) bei 120 bis 130 Sitzen im neuen Parlament - die absolute Mehrheit liegt bei 176. Sollte er eine Regierung bilden können, wäre Sánchez dabei wohl auf die Unterstützung der linksalternativen Partei Podemos und möglicherweise auch auf die katalanischen Separatisten angewiesen. Letztere waren es allerdings auch, die ihn zu Neuwahlen gezwungen hatten, indem sie seinen Haushaltsentwurf nicht mittrugen.

Spaniens politische Landschaft ist in den vergangenen Jahren zunehmend zersplittert. Gab es bis 2015 de facto ein Zweiparteiensystem aus PSOE und konservativer Volkspartei (PP), sind seitdem zahlreiche neue Gruppierungen entstanden oder erstarkt. Besonders viel Aufmerksamkeit bekommt derzeit die rechtsradikale Partei Vox: Noch vor einem Jahr existierte sie in Meinungsumfragen praktisch nicht, bei den andalusischen Regionalwahlen im Dezember erreichte sie dann fast elf Prozent der Stimmen.

Derzeit liegt die Partei, die sich gegen illegale Einwanderung und Feminismus positioniert, bei etwa 10 Prozent der Stimmen. Das entspräche rund 30 Abgeordnetenmandaten. Allerdings gilt es als möglich, dass sie bei der Wahl deutlich stärker abschneidet - Wähler extremistischer Parteien geben sich bei Umfragen oft ungern als solche zu erkennen.

Schafft es Vox wie erwartet ins Parlament, zöge damit erstmals seit dem Tod des Diktators Francisco Franco eine ultrarechte Partei dort ein. Unter ihren Kandidaten sind pensionierte Generäle, die das Franco-Regime verteidigen. Nach dem Vorbild von US-Präsident Donald Trump oder Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro hatte Vox vor allem online Wahlkampf gemacht.

Entstanden ist Vox als Abspaltung der rechtskonservativen Volkspartei. Der von ihr gestellte Ministerpräsident Mariano Rajoy war Anfang Juni 2018 durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. Sánchez hatte damals das Votum beantragt, nachdem zahlreiche einst führende Vertreter von Rajoys PP wegen Korruption zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren. Der aktuelle PP-Chef Pablo Casado hatte sich am Freitag erstmals offen für die Bildung einer rechtskonservativen Regierung mit Vox gezeigt.

In Madrid sagte der pensionierte Bauarbeiter Carlos Gonzalez, er habe als "moderate Option" die PSOE gewählt. Vox sei ihm zu rückwärtsgewandt, fügte er hinzu: "Die Zukunft ist ein vereintes Europa." Die 63-jährige Teresa Diaz in L’Hospitalet de Llobregat sagte hingegen, sie habe für die liberale Partei Ciudadanos gestimmt und hoffe, "dass die Rechte gewinnt und hier für etwas Ordnung sorgt".

Eine wichtige Rolle im Wahlkampf hatte der Konflikt um Katalonien gespielt. Ministerpräsident Sánchez hatte in der Vergangenheit mit den katalanischen Separatisten zusammengearbeitet, was seine Gegner im Wahlkampf gegen ihn verwendeten: PP-Chef Casado bezichtigte ihn des Verrats an Spanien, Vox-Chef Santiago Abascal sprach von einer Wahlentscheidung "zwischen Anti-Spanien und lebendigem Spanien".

Sánchez hielt dagegen und warnte vor einem Rechtsruck: Er sprach angesichts der Umfragewerte von Vox von einem "echten, wirklichen Risiko" und rief die Bevölkerung dazu auf, wählen zu gehen. Erste Hochrechnungen werden um 20.00 Uhr erwartet, ein Ergebnis soll gegen 22.00 Uhr vorliegen.

(S.A.Dudajev--DTZ)

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