Die Frauenfrage prägt laufenden FDP-Bundesparteitag
Fragen der Frauenförderung und Gleichberechtigung haben den Parteitag der männerdominierten FDP geprägt. In mehrstündigen Debatten tauschten sich die Delegierten teils sehr leidenschaftlich darüber aus, wie die gesellschaftliche Stellung von Frauen verbessert werden kann - und inwiefern sie innerhalb der Partei gefördert werden sollten. Die neue Generalsekretärin Linda Teuteberg mahnte, das Problem des Frauenmangels in der FDP ernst zu nehmen.
Die Partei hat einen Männeranteil von knapp 78 Prozent, er war zuletzt sogar gestiegen. Eine Arbeitsgruppe befasst sich seit rund einem Jahr damit, wie die Partei für Frauen attraktiver werden kann. Eine starre Quote, wie es sie bei anderen Parteien gibt, ist für viele Liberale allerdings ein rotes Tuch.
Dies wurde auch am Sonntag in der Debatte über einen Antrag deutlich, der sich gegen jegliche Quote und ähnliche Maßnahmen wandte. "Ich stehe hier für viele Frauen aus der FDP und ich sage Ihnen: Wir wollen diese Quote nicht", sagte die Verfasserin Anna-Tina Pannes. Die größten Verlierer einer Frauenquote etwa für Wahllisten seien die Frauen, die auf den Frauen-Listenplätzen kandidierten und dann "das Frauenetikett" nie wieder loswürden, warnte sie.
Viele Rednerinnen betonten, sie seien ebenfalls gegen eine starre Quote - sie warnten aber zugleich vor dem Signal, den die Annahme des Antrags senden würde: Frauen könnten sich noch stärker von der FDP abwenden. Julika Sandt aus Bayern mahnte, die Partei könne es sich "nicht leisten, als Männerverein wahrgenommen zu werden". Auch Jasmin Wahl-Schwentker aus Nordrhein-Westfalen unterstrich, nicht die Frauen brauchten die FDP, sondern umgekehrt. "Mich nervt es total, dass nur noch CSU und AfD weniger Frauen haben als wir", rief sie.
Letztlich setzte sich auf dem Parteitag ein Änderungsantrag durch, der den ursprünglichen Antragstext fast vollständig ersetzte. Nun heißt es, die FDP setze sich dafür ein, den Frauenanteil in Ämtern und Mandaten zu erhöhen. Dazu sollen demnach auch "Zielvereinbarungen" benutzt werden. Dieser Passus bezieht sich auf einen Beschluss des Parteivorstands vom Donnerstag. Demnach will sich die FDP bis hinab zu den Ortsverbänden "Mindestanzahlen" für Frauen in den Führungsgremien geben; der Bundesverband und die Landesverbände sollen dazu "Zielvereinbarungen" abschließen.
Teuteberg drang darauf, das Bemühen um mehr weibliche Mitglieder und Wählerinnen mit Überzeugung anzugehen. "Lasst uns keinen Zweifel daran lassen, dass es uns ernst ist", rief sie den Delegierten zu.
Bereits am Samstag hatte der Parteitag mit großer Mehrheit einen Antrag des Bundesvorstands zu Gleichberechtigung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschlossen, Darin werden unter anderem mehr Partnermonate beim Elterngeld und flexiblere Öffnungszeiten von Kitas gefordert werden. Schon in Kita und Schule soll darauf hingewirkt werden, dass Mädchen und Jungen gleiche Chancen bekommen.
Weiteres großes Thema auf dem Parteitag war die Klimapolitik. Hier sprachen sich die Delegierten für eine "intelligente Verzahnung von Ökologie und Ökonomie" aus. Außerdem forderten sie in Zusammenhang mit der Mietendebatte die Streichung des Enteignungsartikels 15 aus dem Grundgesetz.
Der Parteitag beschloss außerdem einen Antrag für einen verstärkten Kampf gegen Antisemitismus und verabschiedete einen Aufruf zur Europawahl unter der Überschrift "Europas Chancen nutzen". Es sei "arbeits- und ergebnisreich" diskutiert worden, resümierte Teuteberg in ihrem Schlusswort am Sonntagnachmittag die dreitägigen Beratungen. (P.Tomczyk--DTZ)