Kampf in Washington um Auslegung des Russland-Berichts
Politischer Kampf in Washington um den Ermittlungsbericht zur Russland-Affäre: Kurz vor der für Donnerstag geplanten Veröffentlichung des Reports hat US-Justizminister Bill Barr seine Ansicht bekräftigt, wonach Präsident Donald Trump dadurch völlig entlastet werde. Die oppositionellen Demokraten wollten später den rund 400-seitigen Bericht so rasch wie möglich auf der Suche nach möglicherweise doch belastendem Material durchforsten. Außerdem kündigten sie an, Mueller zu einer Kongressanhörung vorzuladen.
Die fast zweijährigen Untersuchungen des Sonderermittlers Robert Mueller hätten ergeben, dass Russland bei seinen Einmischungen in den US-Wahlkampf "nicht die Kooperation von Präsident Trump oder des Trump-Wahlkampfteams" gehabt habe, sagte Barr bei einer Pressekonferenz in Washington. Mitglieder von Trumps Wahlkampfteam hätten sich "nicht mit der russischen Regierung verschworen oder koordiniert".
Der Justizminister unterstrich ferner seine bereits im März verbreitete Ansicht, dass Trump laut dem Mueller-Bericht nichts unternommen habe, um als Präsident die Ermittlungen zur Russland-Affäre zu behindern. Vielmehr habe Trump "voll mit den Mueller-Ermittlungen kooperiert". Der Präsident habe den Ermittlern "ungehinderten Zugang" zu Dokumenten des Weißen Hauses und der Wahlkampagne gegeben und hochrangige Mitarbeiter angewiesen, "frei" gegenüber den Ermittlern auszusagen.
Zu den regelmäßigen wütenden Attacken des Präsidenten auf den Sonderermittler und dessen Team sagte Barr, die Untersuchung habe gezeigt, dass Trump "frustriert und wütend" gewesen sei. Er sei demnach von dem "ehrlichen Glauben" erfüllt gewesen, dass die Ermittlungen seiner Präsidentschaft schadeten sowie durch seine politischen Gegnern und die illegalen Preisgabe von Informationen angetrieben würden.
Trump reagierte am Donnerstag triumphierend auf die Pressekonferenz des Justizministers - in Form einer Fotomontage im Kurzbotschaftendienst Twitter, die im Stil auf die Fantasy-Fernsehserie "Game of Thrones" anspielte. "Das Spiel ist vorbei" steht groß auf dem Bild, das den Präsidenten mit dem Rücken zur Kamera vor dichtem Nebel zeigt. "Keine Absprache. Keine Behinderung", heißt es zu den beiden wichtigsten Verdachtsfeldern, denen Mueller nachgespürt hatte.
Barrs Darstellungen in der Pressekonferenz deckten sich mit den Schlussfolgerungen, die der Justizminister bereits Ende März in einer knappen Zusammenfassung des rund 400 Seiten starken Mueller-Berichts gezogen hatte. Schon damals hatte Trump von einer "totalen Entlastung" gesprochen.
Seither war der Druck auf Barr gewachsen, den Bericht komplett zu veröffentlichen. Der Minister wollte dieser Forderung nun allerdings nicht komplett entsprechen. Manche Passagen des Berichts wurden geschwärzt. Dabei handelt es sich dem Minister zufolge etwa um Stellen, die Quellen und Methoden der Ermittler enttarnen könnten, oder um Informationen im Zusammenhang mit noch laufenden Ermittlungen oder Gerichtsverhandlungen.
Kurz nach seiner Pressekonferenz wollte Barr den Ermittlungsbericht an den Kongress übergeben lassen. Noch am selben Tag sollte der Report dann auf der Website des Justizministeriums veröffentlicht werden.
Die Demokraten, die seit Jahresbeginn die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, luden Mueller bereits zu einer Anhörung ein. Diese solle spätestens am 23. Mai stattfinden, schrieb der Vorsitzende des Justizausschusses, Jerry Nadler, in einem auf Twitter veröffentlichten Brief an den Sonderermittler. Es sei klar, dass die US-Öffentlichkeit Mueller selber hören müsse, "um seine Ergebnisse besser zu verstehen", erklärte Nadler. Barr sagte, er habe "keine Einwände" gegen eine Aussage Muellers im Kongress.
(V.Sørensen--DTZ)