Sudans Militärführung will Baschir nicht ausliefern
Die neuen Machthaber im Sudan lehnen eine Auslieferung des gestürzten Präsidenten Omar al-Baschir an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag ab. Der Militärrat werde Baschir niemals überstellen, sagte der Chef des politischen Komitees des Militärrats, Omar Sain al-Abdin, am Freitag. Die internationale Gemeinschaft forderte die neue Militärführung auf, die Macht rasch an Zivilisten zu übergeben.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte am Donnerstagabend, nur ein "glaubwürdiger" politischer Prozess könne den Erwartungen der sudanesischen Bevölkerung gerecht werden. Das US-Außenministerium rief den Militärrat dazu auf, Zivilisten an der Regierung teilhaben zu lassen. Das sudanesische Volk habe klar zum Ausdruck gebracht, dass es einen von Zivilisten geleiteten politischen Übergang wolle, sagte ein Ministeriumssprecher in Washington.
Demnach legten die USA Gespräche mit Khartum auf Eis, in denen es darum ging, ob der Sudan von einer Liste von Staaten genommen wird, denen eine Unterstützung des Terrorismus vorgeworfen wird.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres äußerte die Erwartung, "dass die demokratischen Bestrebungen der sudanesischen Bevölkerung durch einen angemessenen und umfassenden Übergangsprozess verwirklicht werden". Guterres rufe alle Beteiligten zu "Ruhe und äußerster Zurückhaltung" auf , sagte sein Sprecher in New York. Der UN-Sicherheitsrat befasste sich am Freitag mit der Situation im Sudan.
Die Bundesregierung forderte "alle Seiten zur Zurückhaltung auf". "Wir brauchen eine politische Lösung, die dem Wunsch des sudanesischen Volkes gerecht wird", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. "Es muss einen glaubwürdigen politischen Prozess geben, der den Übergang zu einer zivilen Transitionsregierung ebnet."
Auch Anführer der Anti-Baschir-Proteste im Sudan lehnten den "Militärputsch" ab und riefen zu weiteren Demonstrationen auf. Sie fordern einen zivilen Rat statt eines Militärrats. "Das Blut unserer Brüder darf nicht vergeblich geflossen sein", sagte ein Demonstrant in der Hauptstadt Khartum der Nachrichtenagentur AFP.
Trotz einer nächtlichen Ausgangssperre versammelten sich tausende Demonstranten vor dem Hauptquartier der Armee in Khartum und riefen Slogans wie "Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit", wie Augenzeugen berichteten. Es war bereits die sechste Nacht in Folge, in der sie vor dem Gebäude ausharrten. Auch am Freitag dauerte der Protest in Khartum weiter an.
Die Militärs versuchten die Demonstranten zu beschwichtigen und sagten eine "zivile Regierung zu, in die wir uns nicht einmischen", wie General Omar Sain al-Abdin vom Militärrat im Fernsehen sagte. Die Armee werde "mit allen politischen Einheiten" in Dialog treten.
Der seit drei Jahrzehnten autoritär herrschende Staatschef Baschir war am Donnerstag nach monatelangen Massenprotesten der Bevölkerung vom Militär gestürzt worden. Für eine Übergangszeit von zwei Jahren wurde dann aber ein Militärrat eingesetzt. An dessen Spitze wurde am Donnerstagabend Verteidigungsminister Awad Ibnuf vereidigt. Generalstabschef Kamal Abdelmaruf wurde zu seinem Stellvertreter ernannt, wie das staatliche Fernsehen berichtete.
Baschir hatte sich 1989 mithilfe von Islamisten an die Macht geputscht. Seitdem regierte er das ostafrikanische Land mit harter Hand. Gegen ihn besteht seit Jahren ein internationaler Haftbefehl wegen Völkermordes. In der Provinz Darfur wurden nach UN-Angaben seit dem Jahr 2003 im Konflikt zwischen Regierung und Rebellen 300.000 Menschen getötet.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte nach Baschirs Entmachtung seine Auslieferung an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gefordert. Baschir müsse endlich für "einige der abscheulichsten Menschenrechtsverstöße unserer Zeit" zur Rechenschaft gezogen werden, erklärte Amnesty-Generalsekretär Kumi Naidoo.
(P.Tomczyk--DTZ)