Deutsche Tageszeitung - AfD-Parteitag kürt Weidel einstimmig zur Kanzlerkandidatin

AfD-Parteitag kürt Weidel einstimmig zur Kanzlerkandidatin


AfD-Parteitag kürt Weidel einstimmig zur Kanzlerkandidatin
AfD-Parteitag kürt Weidel einstimmig zur Kanzlerkandidatin / Foto: © AFP

Die AfD hat Parteichefin Alice Weidel zur ersten Kanzlerkandidatin der Parteigeschichte gewählt. Die 45-Jährige gewann beim Bundesparteitag im sächsischen Riesa am Samstag ohne Gegenstimme und Gegenkandidaten die Abstimmung per Akklamation. Gleich nach ihrer Kür stellte Weidel einen radikalen Kurswechsel in der deutschen Politik in Aussicht - von Grenzschließungen bis hin zur Rückabwicklung der deutschen Klimapolitik. Zuvor hatten mehrere Protestaktionen den Beginn des Parteitags deutlich verzögert.

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Weidel nannte in ihrer Rede Maßnahmen, die sie mit ihrer Partei in den ersten 100 Tagen umsetzen will, wenn sie an die Macht kommen sollte. Sie kündigte für diesen Fall an, die deutschen Grenzen "dicht" zu machen und "Rückführungen in großem Stil" zu organisieren.

Dabei machte sich die Kanzlerkandidatin ausdrücklich auch den umstrittenen Begriff "Remigration" zu eigen: "Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration", sagte sie unter dem Jubel der Delegierten.

Weidel kündigte sechs Wochen vor der Bundestagswahl an, dass eine AfD-Regierung "die Grenzen lückenlos schließen und jeden illegal und ohne Papiere Einreisenden zurückweisen" werde. Es werde eine "ganz klare Ansage an alle Welt" geben: "Die deutschen Grenzen sind dicht." Deutschland werde auch aus dem gemeinsamen EU-Asylsystem aussteigen, sagte Weidel und fügte hinzu: "Darauf können Sie sich verlassen."

Auch in anderen Politikbereichen strebt die AfD laut Weidel eine drastische Kursumkehr an. Eine Regierung unter ihrer Beteiligung würde "alle Windräder niederreißen" sagte sie. "Nieder mit diesen Windmühlen der Schande", fügte Weidel hinzu. Eine AfD-Regierung würde funktionsfähige Kernkraftwerke "natürlich wieder ans Netz nehmen".

Sie stellte zudem Einschnitte in die Wissenschaftsfreiheit in Aussicht. "Soll ich sagen, was wir tun, wenn wir am Ruder sind? Wir schließen alle Gender Studies und schmeißen alle diese Professoren raus", sagte die Vorsitzende der AfD, die vom Verfassungsschutz in Teilen als rechtsextremistisch eingestuft wird. In der Finanzpolitik kündigte Weidel Steuersenkungen in vielen Bereichen in Aussicht.

Die Partei- und Fraktionschefin ist seit Jahren eines der bekanntesten Gesichter der AfD. Im Plenum des Bundestags machte sich die promovierte Volkswirtin als scharfzüngige Rednerin einen Namen. Als offen homosexuelle Politikerin, die mit ihrer Lebenspartnerin in der Schweiz zwei Söhne großzieht, ist Weidel in ihrer Partei eine Ausnahmeerscheinung. Zudem ist sie eine der wenigen prominenten Frauen in der von Männern dominierten AfD.

Bei früheren Bundestagswahlen hatte die AfD keinen eigenen Kanzlerkandidaten aufgestellt. Weidel war aber bereits 2017 und 2021 Teil eines Spitzenkandidaten-Duos für Bundestagswahlen. Mit der Kür einer Kanzlerkandidatin zieht die AfD nun die Konsequenz aus dem Erstarken in den Umfragen, denen zufolge die AfD derzeit hinter der Union auf Rang zwei liegt.

Die Partei leitet daraus klar einen Regierungsanspruch ab. Co-Parteichef Tino Chrupalla sagte zu Beginn des Parteitags, mit der Wahl Weidels mache die Partei "den nächsten wichtigen Schritt" und fügte hinzu: "So führt der Weg aus der Opposition in die Regierung."

Chrupalla gab dazu das Ziel aus, die derzeitigen Umfragewerte von rund 20 Prozent "hinter uns lassen" und "weiter klettern" zu können. Realistische Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung hat die AfD aber nicht, weil alle anderen Parteien eine Koalitionen mit ihr ausschließen.

Der Start des Parteitags hatte sich am Vormittag um mehr als zwei Stunden verzögert, weil vor der Halle und in der gesamten Stadt Demonstrierende mit Blockadeaktionen viele Delegierte am Zugang gehindert hatten. Zum Widerstand aufgerufen hatten mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften.

Die Organisatoren schätzten die Zahl der Teilnehmer auf rund 12.000, die Polizei Dresden sprach von rund 10.000 Teilnehmenden. Sechs Einsatzkräfte seien leicht verletzt worden. Insgesamt wurde die Lage am Nachmittag als "ruhig" bewertet.

Weidel kritisierte die Protestteilnehmer als "rot lackierte Nazis" und berichtete, Sicherheitskräfte hätten bei der Anfahrt ihren Konvoi "aus einem linken, gewaltbereiten Mob befreien" müssen.

Auf dem Parteitag soll noch das Wahlprogramm für die Neuwahl des Bundestags am 23. Februar beschlossen werden - dies sollte bis Samstagabend geschehen. Der Parteitag wird am Sonntag fortgesetzt. Dann geht es unter anderem um die parteiinetrn sehr umtsrittene Auflösung und Neugründung der Nachwuchsorganisation Junge Alternative (JA).

(P.Hansen--DTZ)

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