Nach Anschlag auf Weihnachtsmarkt in Magdeburg: Sechstes Todesopfer
Nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt ist die Zahl der Todesopfer auf sechs gestiegen. Eine 52-jährige Frau erlag im Krankenhaus ihren Verletzungen, wie das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt und ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg am Montag mitteilten. Bei dem Anschlag kurz vor Weihnachten war ein 50-Jähriger mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt gerast und hatte viele Besucherinnen und Besucher erfasst.
Fünf Menschen starben am Tattag - ein neunjähriges Kind und vier Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren. Die 52-Jährige erlag dem Landeskriminalamt zufolge nun am frühen Montagmorgen in einem Krankenhaus im Magdeburger Umland ihren Verletzungen und ist damit das sechste Todesopfer des Anschlags vom vierten Adventswochenende.
Die Behörden sprachen zuletzt außerdem von 299 Verletzten. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen seit 2006 in Deutschland lebenden Arzt aus Saudi-Arabien. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg führt das Ermittlungsverfahren.
Deutsche Behörden hatten vor dem Anschlag zahlreiche Hinweise auf den mutmaßlichen Täter. Nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und dem Präsidenten des Bundeskriminalamts, Holger Münch, passte er aber in kein bisheriges Raster. Er konnte demnach keiner der üblichen Gefährderkategorien wie Islamist, Rechts- oder Linksextremist zugeordnet werden.
Taleb A. selbst versteht sich als Islamkritiker, er äußerte aber auch Verachtung gegenüber deutschen Behörden und dem deutschen Staat und sympathisiert mit der AfD. In sozialen Netzwerken fiel der als Arzt in Sachsen-Anhalt arbeitende A. durch radikale und teils auch wirre Äußerungen auf. Faeser zufolge gab es diverse Hinweise auf eine gestörte Psyche des Manns. Als Motiv des Anschlags gab A. in seiner ersten Vernehmung Unzufriedenheit mit der Behandlung saudiarabischer Flüchtlinge an.
Der Opferbeauftragte des Bundes, Roland Weber, geht von mehr als 500 Opfern des Anschlags aus, weil sich viele Betroffene oft erst Tage oder Wochen später bei den Behörden oder der Opferhilfe meldeten. So merkten Augenzeugen oft erst viel später, dass es ihnen psychisch schlecht gehe, sagte er am Montag im ZDF-"Morgenmagazin".
Betroffene haben demnach Anspruch auf sogenannte schnelle Hilfe, damit sie Traumaambulanzen nutzen können, "um schlimme postraumatische Belastungsstörungen zu verhindern", wie Weber sagte. Nach dem islamistisch motivierten Lastwagenanschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz 2016 sei nicht nur das Entschädigungsrecht reformiert worden. Damals sei sich auch viel zu spät um die Opfer gekümmert worden. Daraus hätten die Behörden gelernt. Gleichwohl will Weber auch analysieren, wo es nach dem Anschlag von Magdeburg bei der Opferbetreuung Defizite gibt.
(M.Dorokhin--DTZ)