Deutsche Tageszeitung - Siegesstimmung im Weißen Haus nach Mueller-Bericht zu Russland-Affäre

Siegesstimmung im Weißen Haus nach Mueller-Bericht zu Russland-Affäre


Siegesstimmung im Weißen Haus nach Mueller-Bericht zu Russland-Affäre
Siegesstimmung im Weißen Haus nach Mueller-Bericht zu Russland-Affäre / Foto: ©

US-Präsident Donald Trump sieht sich nach Vorlage des Abschlussberichts von Sonderermittler Robert Mueller zur Russland-Affäre "vollständig entlastet". Es habe keine Absprachen und keine Justizbehinderung gegeben, erklärte der Präsident am Sonntag und erneut am Montag auf Twitter. Laut Trumps Sprecherin Sarah Sanders hätte der Präsident kein "Problem" mit der Veröffentlichung des vollständigen Mueller-Berichts.

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Fast zwei Jahre war Sonderermittler Mueller der Frage nachgegangen, ob Trump und sein Team während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 mit Moskau zusammengearbeitet hatten, um die Wahl zu beeinflussen. Seinen Abschlussbericht übergab er am Freitag dem Justizministerium, am Sonntag dann legte Justizminister Bill Barr dem Kongress eine vierseitige Zusammenfassung vor.

Demnach sieht es Mueller zwar als erwiesen an, dass Russland versuchte, die Präsidentschaftswahl 2016 zu beeinflussen. Die russische Seite habe sogar "zahlreiche Angebote" gemacht, das Trump-Team in Rennen gegen die Demokratin Hillary Clinton zu unterstützen. Hinweise auf eine tatsächliche Zusammenarbeit oder Geheimabsprachen fand Mueller laut der Zusammenfassung aber nicht. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies am Montag erneut alle Vorwürfe der Einmischung als "haltlos" zurück.

Zu der zweiten Frage, ob Trump die folgenden Justizermittlungen behinderte, legte sich Mueller hingegen nicht fest. "Auf der einen Seite kommt dieser Bericht nicht zu dem Schluss, dass der Präsident eine Straftat begangen hat, auf der anderen Seite wird er auch nicht entlastet", zitierte Barr aus dem Bericht. Das Justizministerium folgerte daraus, dass es keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Straftat des Präsidenten gebe.

Trump erklärte sich trotz der Einschränkung für "vollständig entlastet". Es sei eine "Schande, dass das Land dies durchmachen musste", erklärte er auf Twitter. In der Vergangenheit hatte der Präsident Muellers Ermittlungen immer wieder als "Hexenjagd" bezeichnet.

Auch bei Trumps Mitarbeitern herrschte Siegesstimmung. Die Beraterin des Weißen Hauses, Kellyanne Conway, übermittelte ihrem Chef über Twitter "Glückwünsche": "Heute haben Sie die Wahlen 2016 noch einmal gewonnen. Und für die Wahlen 2020 ein Geschenk bekommen." Nach Auffassung der eher Trump-kritischen "New York Times" könnte der Sonntag "der beste Tag seiner Amtszeit" gewesen sein.

Muellers Ermittlungen und die Sorge vor einem möglicherweise historischen Skandal überschattete über Monate die Arbeit im Weißen Haus und Trumps Aussicht auf eine Wiederwahl. Mueller hatte im Mai 2017 seine Ermittlungen begonnen. Sie ließen Trump und seine Umgebung oftmals in einem dubiosen Licht erscheinen und führten zu 34 Anklageerhebungen, unter anderem gegen 25 russische Staatsbürger und sechs frühere Trump-Mitarbeiter. Weitere Anklagen werde es nicht geben, erklärte Barr am Sonntag.

Die oppositionellen Demokraten forderten dagegen weitere Aufklärung. Der "vollständige Bericht und alle mit ihm verbundenen Dokumente" müssten veröffentlicht werden, verlangten die Oppositionsführer Nancy Pelosi und Chuck Schumer. Barr sei nicht "neutral". Dessen Brief an den US-Kongress werfe genauso viele Frage auf wie er Antworten liefere. Trumps Sprecherin Sanders sagte dazu am Montag, der Präsident würde es nur begrüßen, wenn mehr Details aus dem Bericht öffentlich würden.

Die Demokraten, die im US-Repräsentantenhaus seit Jahresbeginn die Mehrheit innehaben, haben mehrere parlamentarische Untersuchungen gegen Trump eingeleitet, in denen es um die Russland-Verbindungen des Präsidenten oder auch um Zahlungen von Schweigegeld geht. Diese Untersuchungen sind deutlich weiter gefasst als Muellers Ermittlungen.

Die Demokraten stehen nun vor dem Dilemma, ob sie das ständige Nachhaken fortsetzen oder lieber auf ein neues Programm setzen sollen, um dem "Trumpismus ein Ende zu setzen", wie es einer ihrer Präsidentschaftsbewerber, Pete Buttigieg, formulierte.

Am Donnerstag wird Trump einen Wahlkampf-Auftritt vor seinen Fans im US-Bundesstaat Michigan haben. Für seinen umstrittenen Ex-Berater Steve Bannon steht jetzt schon fest: Trump werde wie ein von der Kette gelassener Hund sein, schrieb er in der "Washington Post".

(A.Nikiforov--DTZ)

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