Erstes TV-Interview: Trump droht mit Nato-Austritt und weniger Hilfe für Kiew
Im ersten TV-Interview seit seiner Wiederwahl hat der designierte US-Präsident Donald Trump seine radikalen politischen Pläne bekräftigt, den Verbündeten mit einem Nato-Austritt und der Ukraine mit einer Kürzung der US-Hilfen gedroht. Trump bestätigte in dem am Sonntag gesendeten NBC-Interview sein Vorhaben, eine Massenabschiebung von Migranten sowie eine rigorose Zollpolitik gegen Handelspartner umzusetzen. Inhaftierte Anhänger, die an der Erstürmung des Kapitols beteiligt waren, will er begnadigen.
Nach seinem Comeback bei der Präsidentschaftswahl am 5. November wird Trump am 20. Januar seine zweite Amtszeit antreten. In dem NBC-Interview sagte der Rechtspopulist, er werde einen Austritt der USA aus der westlichen Militärallianz "absolut" in Betracht ziehen, sollten die Nato-Verbündeten sein Land nicht "fair" behandeln. "Sie müssen ihre Rechnungen bezahlen", forderte der designierte Präsident.
Schon während seiner ersten Amtszeit (2017/2021) waren die US-Beziehungen zur Nato wegen der aus Trumps Sicht zu geringen Beitragsleistungen der Verbündeten angespannt. Im Frühjahr hatte Trump gedroht, er werde zahlungssäumigen Nato-Partnern nicht zur Hilfe kommen, wenn diese angegriffen würden. Vielmehr würde er die Russen dann sogar ermutigen, mit ihnen zu tun, "was immer sie wollen".
Der für seine Sympathien für den russischen Präsidenten Wladimir Putin bekannte Republikaner stellte in dem Interview überdies eine Kürzung der US-Hilfen für die Ukraine in Aussicht. Auf die Frage, ob seine Regierung bei der Unterstützung für die Ukraine Einschnitte vornehmen werde, antwortete Trump: "Möglicherweise. Ja, wahrscheinlich, sicherlich."
Die USA sind der wichtigste Unterstützer der Ukraine im Abwehrkrieg gegen Russland. Das Interview mit NBC wurde am Freitag geführt, einen Tag bevor Trump am Samstag mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Paris zusammentraf.
Nach dem Gespräch in Paris hatte Trump in seinem Onlinedienst Truth Social eine "unverzügliche Waffenruhe" gefordert und an Kiew und Moskau appelliert, Verhandlungen aufzunehmen. Der von Trump angestrebte Deal mit Russland könnte nach Einschätzung von Kritikern dazu führen, dass die Ukraine gezwungen wird, eine Reihe der von Russland besetzten Gebiete aufzugeben.
Beim Thema Einwanderung bekräftigte Trump seine Absicht, eine rigorose Abschiebepolitik umzusetzen. "Man muss das tun", sagte er, auch wenn eine solche Massenabschiebung "eine harte Sache" sei. Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, er werde bei einer Wiederwahl die größte Massen-Abschiebung von Migranten ohne Papiere in der US-Geschichte anordnen. Dabei sollten das Militär zum Einsatz kommen und Internierungslager eingerichtet werden.
Im Interview kündigte er überdies an, er wolle das in der US-Verfassung verankerte Geburtsrecht auf Staatsbürgerschaft in den USA abschaffen. Dies werde er mit seinem Amtsantritt am 20. Januar vorantreiben, "wenn wir das können, durch eine Exekutivmaßnahme", sagte Trump. Laut US-Verfassung erhält jeder, der auf dem Boden der USA geboren ist, die US-Staatsbürgerschaft. Trump nannte diese Bestimmung "lächerlich".
Auch die von ihm angekündigte rigorose Zollpolitik, unter anderem gegen die wichtigen Handelspartner Kanada, Mexiko und China, werde in die Tat umgesetzt, sagte Trump. "Richtig eingesetzte" Zölle seien "ein sehr mächtiges Instrument". Er werde dieses Instrument auch einsetzen, "um andere Dinge außerhalb der Wirtschaft zu erreichen", wobei Trump auf eine Eindämmung der Drogenimporte sowie der illegalen Migration abzielt. Auf die Frage, ob die US-Bürger infolge dieser Zölle mit höheren Preisen rechnen müssten, antwortete Trump: "Ich kann nichts garantieren."
"Sehr schnell" nach seinem Amtsantritt werde er sich um die Begnadigung inhaftierter Anhänger kümmern, sagte Trump weiter. Von ihm durch falsche Wahlbetrugsvorwürfe angestachelte Anhänger hatten am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington gestürmt. Viele der Beteiligten, darunter auch Anführer rechtsextremer Milizen, wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Trump bezeichnet die Inhaftierten als "Geiseln".
Die Erstürmung des Kapitols ging als eines der dunkelsten Kapitel der US-Demokratie in die Geschichte ein. Trump selbst wurde im Zusammenhang mit den Ereignissen wegen Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten angeklagt. Angesichts seines Wahlsieges stellte die US-Justiz das Verfahren ein, da gegen einen amtierenden Präsidenten nicht ermittelt werde.
(V.Sørensen--DTZ)