Deutsche Tageszeitung - Viel Lob für Macrons Appell für "Neubeginn in Europa" in Berlin und Brüssel

Viel Lob für Macrons Appell für "Neubeginn in Europa" in Berlin und Brüssel


Viel Lob für Macrons Appell für "Neubeginn in Europa" in Berlin und Brüssel
Viel Lob für Macrons Appell für "Neubeginn in Europa" in Berlin und Brüssel / Foto: ©

Für seinen flammenden Appell für einen "Neubeginn in Europa" hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Brüssel und zum Teil auch in Berlin viel Zustimmung erhalten. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte am Dienstag, er unterstütze Macrons Äußerungen zu demokratischen Freiheiten "vollkommen". EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker lobte sie als "richtungweisend und zielorientiert". Die offizielle Reaktion der Bundesregierung fiel allerdings betont zurückhaltend aus: Sie wollte zunächst keine Bewertung im Detail abgeben.

Textgröße ändern:

Macron hatte in einem Gastbeitrag für europäische Tageszeitungen vor nationalistischer Abschottung und der Manipulation wütender Bürger gewarnt. Die EU dürfe nicht zulassen, "dass die Nationalisten, die keine Lösungen anzubieten haben, die Wut der Völker ausnutzen", schrieb er in dem , der in Deutschland von der "Welt" veröffentlicht wurde.

"Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war Europa so wichtig. Und doch war Europa noch nie in so großer Gefahr", erklärte Macron in dem Beitrag, mit dem er offenbar seine Kampagne für die Europawahl Ende Mai einläutete. Ein "Neubeginn in Europa" müsse auf den drei Säulen "Freiheit, Schutz und Fortschritt" beruhen.

Der französische Präsident sprach sich unter anderem für die Gründung einer "europäischen Agentur zum Schutz der Demokratie" aus. Diese solle in jeden Mitgliedstaat Experten entsenden, um die Wahlen vor Hackerangriffen und Manipulationen zu schützen. Daneben solle die Finanzierung europäischer Parteien durch "fremde Mächte" verboten werden. Auch brauche es "eine gemeinsame Grenzpolizei und eine europäische Asylbehörde".

In Brüssel erntete Macron viel Lob. Ratspräsident Tusk sagte, angesichts von Versuchen der Beeinflussung von Wahlen durch "antieuropäische Kräfte" in- und außerhalb der EU unterstütze er Macrons Äußerungen zu demokratischen Freiheiten "vollkommen".

Kommissionschef Juncker äußerte sich "sehr zufrieden", auch weil Macrons Ideen "deckungsgleich" mit den Vorschlägen der Kommission seien. "Was Macron sagt, ist richtungsweisend und zielorientiert", sagte Juncker im ZDF. Sein Sprecher betonte, dass mehrere Initiativen bereits existierten oder sich in der Umsetzung befänden.

Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) stellte sich hinter des französischen Präsidenten. "Ich finde, er hat Recht: Nicht Skepsis, sondern Zuversicht sollte unser Handeln bestimmen", erklärte der Vizekanzler. Europa müsse "souverän und stark" sein, "damit wir in der Welt nicht herumgeschubst werden."

Er sehe die Bundesregierung eng an der Seite von Paris, "wenn es um Reformen für ein handlungsfähiges Europa und einen stabilen Euro geht", fügte Scholz hinzu.

Ein Regierungssprecher äußerte sich allerdings sehr zurückhaltend zu Macrons Vorschlägen. "Es ist wichtig, dass die proeuropäischen Kräfte vor der Europawahl ihre Konzeptionen vorstellen", erklärte er in Berlin. "Die Bundesregierung unterstützt die engagierte Diskussion über die Ausrichtung der Europäischen Union."

Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) kritisierte die deutsche Reaktion als unzureichend. Macron ernte für seine Reformvorschläge zur EU erneut "dröhnendes Schweigen aus Berlin oder diplomatisch verpackte Ignoranz", schrieb der frühere SPD-Chef in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel". "Der deutsch-französische Motor stottert nicht einmal mehr, sondern er steht schlicht still."

Auch der ehemalige SPD-Vorsitzende Martin Schulz sieht Berlin nun in der Pflicht: "Die Bundesregierung darf ihn und Frankreich nicht ein zweites Mal hängen lassen", schrieb Schulz in einem Gastbeitrag für den "Spiegel" mit Blick auf Macrons Sorbonne-Rede 2017, in der er eine "Neugründung Europas" gefordert hatte. Viele seiner damaligen Vorschläge sind aber bis heute nicht umgesetzt worden.

Die Bundesregierung, allen voran Kanzlerin Angela Merkel (CDU), müsse jetzt zeigen, dass sie es ernst meine, forderte Schulz. "Europa wartet nicht. Es ist höchste Zeit zu handeln."

(U.Stolizkaya--DTZ)

Empfohlen

Israel: Chance auf diplomatische Lösung mit Hisbollah schwindet - Hamas bekräftigt Kampfeswillen

Israel sieht nach eigenen Angaben angesichts der fast täglichen Auseinandersetzungen an der Grenze zum Libanon die Chance auf eine diplomatischen Lösung schwinden. "Die Möglichkeit einer Einigung schwindet, da die Hisbollah sich weiter an die Hamas bindet und sich weigert, den Konflikt zu beenden", sagte der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant nach Angaben seines Ministeriums am Montag dem US-Sondergesandten Amos Hochstein mit Blick auf die pro-iranische schiitische Miliz und ihre palästinensischen Verbündeten. Unterdessen erklärte Hamas-Chef Jahja Sinwar, seine Organisation sei bereit für einen "langen Abnutzungskrieg" gegen Israel.

Streit mit von der Leyen: Frankreich tauscht EU-Kommissar Breton aus

Vor Amtsantritt der neuen EU-Kommission unter Ursula von der Leyen hat mit dem französischen EU-Kommissar Thierry Breton einer ihrer größten Brüsseler Kritiker überraschend hingeworfen. "Ich trete mit sofortiger Wirkung von meinem Amt als Europäischer Kommissar zurück", erklärte Breton in einem Brief an die Kommissionspräsidentin, den er am Montag im Onlinedienst X veröffentlichte. Sein Nachfolger in der nächsten EU-Kommission soll Frankreichs amtierender Außenminister Stéphane Séjourné werden.

Hamas-Chef Sinwar: Sind bereit für "langen Abnutzungskrieg" gegen Israel

Die Hamas ist nach den Worten ihres Chefs Jahja Sinwar bereit für einen "langen Abnutzungskrieg" gegen Israel. "Wir haben uns darauf vorbereitet, einen langen Abnutzungskrieg zu führen, der den politischen Willen des Feindes brechen wird", sagte der Chef des Politbüros der Hamas am Montag in einer an die Huthi-Miliz im Jemen gerichteten Botschaft.

Scholz baut in Usbekistan und Kasachstan wirtschaftliche Beziehungen weiter aus

Die Nutzung von Rohstoffen, die Ölversorgung in Deutschland und der Ukraine-Krieg haben am zweiten Tag der Zentralasien-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Mittelpunkt gestanden. Er habe "sehr gute Gespräche" geführt, sagte Scholz am Montag nach einem Treffen mit Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew in Astana. Zudem seien "sehr viele sehr praktische Vereinbarungen abgeschlossen worden", was "ein gutes Zeichen für die Verbesserung der ökonomischen und politischen Beziehungen" sei.

Textgröße ändern: