CDU, BSW und SPD in Thüringen wollen am Freitag Koalitionsvertrag vorstellen
In Thüringen wollen CDU, BSW und SPD am Freitag einen gemeinsamen Koalitionsvertrag präsentieren. Zweieinhalb Monate nach der dortigen Landtagswahl verständigten sich die Parteispitzen nach Angaben aus Verhandlungskreisen auf einen entsprechenden Entwurf, wie es am späten Dienstagabend aus den Reihen der Verhandler hieß. Sahra Wagenknecht als Bundesvorsitzende des nach ihr benannten BSW zeigte sich zufrieden - auch wenn es "Druck" für die Verständigung habe geben müssen.
Die Parteispitzen der CDU des als künftiger Ministerpräsident vorgesehenen Mario Voigt, des BSW und der SPD waren seit Montag in einer zweitägigen Klausur. Dort sei "ein gemeinsamer Entwurf zum Regierungsvertrag erarbeitet" worden, der bis Donnerstag "finalisiert" werden solle, hieß es aus den Reihen der Verhandler. Es sei ein "zukunftsweisender Konsens" erreicht worden.
Details zu den politischen Vorhaben wurden zunächst nicht genannt. Allgemein hieß es aber, der Vertrag sehe "konkrete Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Wirtschaft, Migration, Staatsmodernisierung, Soziales und kommunale Entwicklung vor". Aus dem Umfeld der Verhandlungsführer verlautete, es sei "ein guter Aufbruch gelungen, der das Leben der Thüringer spürbar verbessern wird". Die Gespräche seien von "großer Zielstrebigkeit und Pragmatismus" geprägt gewesen.
Alle Beteiligten hätten "gezeigt, dass sie über parteipolitische Grenzen hinweg im Interesse des Landes handeln". Die vereinbarten Maßnahmen sollten Thüringen "deutlich nach vorn bringen". Im Anschluss an die öffentliche Präsentation des Koalitionsvertrag sollen die Parteigremien dem Vertrag zustimmen. Es herrsche Zuversicht, dass der Kompromiss "eine breite Mehrheit finden wird", hieß es.
Nach der Wahl hatten sich die drei Parteien Ende Oktober nach Sondierungen auf die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen geeinigt. Vorausgegangen war ein Streit über Formulierungen zu friedenspolitischen Positionen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hielt diesbezügliche Ergebnisse zunächst für nicht ausreichend, woraufhin die Gespräche ins Stocken gerieten. Schließlich einigten sich die Parteien auf einen Kompromiss.
In der sogenannten Friedenspäambel war dann unter anderem "der Wille zum Frieden in Europa" festgeschrieben. Weiter hieß es, "im Rahmen der europäischen und bundesstaatlichen Ordnung" würden alle diplomatischen Initiativen zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine unterstützt. Über eine mögliche Stationierung von US-Raketen in Deutschland, deren klare Ablehnung das BSW fordert, solle es eine "breite Debatte" geben.
Dies sorgte aber innerhalb des BSW für Unruhe, weil Wagenknecht selbst und andere Spitzenpolitiker der Partei die Formulierungen für unzureichend hielten. Sie verstärkten den Druck auf die Thüringer BSW-Chefin Katja Wolf. Die BSW-Landesspitze segnete das Sondierungspapier gleichwohl ab.
In der ARD-Sendung "maischberger" sagte Wagenknecht am Dienstag, ihres Wissens sehe der geplante Koalitionsvertrag nun "deutlich anders aus als das Sondierungspapier. "Darüber sind wir sehr froh." Allerdings habe es dafür "Druck" geben müssen.
Der BSW-Europaabgeordnete Fabio De Masi erklärte, er sei "gespannt, ob der Druck etwas gebracht hat - bald wissen wir mehr". Das wäre seiner Meinung nach nicht nur besser für Thüringen, sondern für das gesamte Land. De Masi hatte genau wie andere BSW-Spitzenleute außerhalb Thüringens die dortigen Gespräche kritisch begleitet und zwischenzeitlich erklärt, er hoffe, Landeschefin Wolf sei der Ernst der Lage klar.
Die AfD hatte die Landtagswahl in Thüringen am 1. September gewonnen. Ein Bündnis mit der AfD schließen alle anderen im neuen Landtag vertretenen Partei aus. Die bei der Wahl zweitplatzierte CDU von Landeschef Voigt strebt eine Regierung mit dem BSW und der SPD an, der zur Mehrheit im Erfurter Parlament allerdings eine Stimme fehlen würde. Im Landtag ist ansonsten nur die Linke vertreten, mit der die CDU Bündnisse ausschließt.
(V.Sørensen--DTZ)