Scholz-Telefonat mit Putin stößt in EU teils auf Kritik
Das Telefonat von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin stößt in der EU teilweise auf Unverständnis oder Kritik. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell machte am Montag in Brüssel deutlich, dass er schnelle Militärhilfe für die Ukraine für wichtiger halte als solche Gespräche. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis kritisierte, Telefonate mit Putin dürften nicht "aus einer Position der Schwäche" erfolgen. Ansonsten missbrauche Russland sie für seine Zwecke.
Der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp sagte, Putin höre nur auf die Fakten auf dem Schlachtfeld. Daher sei die Nachricht "sehr wichtig", dass die USA ihre Beschränkungen für an die Ukraine gelieferte Waffen aufgehoben hätten.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, das Telefonat des Kanzlers mit Putin habe noch einmal gezeigt, dass der Kreml-Chef "die Ukraine und damit unseren europäischen Frieden in Freiheit vernichten" wolle. Sie antwortete ausweichend auf die Frage, ob Deutschland nun Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern müsse.
Der Kanzler hatte am Freitag erstmals seit fast zwei Jahren mit Putin telefoniert und den Kreml-Chef nach eigenen Angaben aufgefordert, "seine Truppen zurückzuziehen" und sich zu Verhandlungen mit der Ukraine bereit zu zeigen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Scholz im Onlinedienst X vor, "die Büchse der Pandora" zu öffnen.
Borrel sagte, er sei nicht über die Inhalte des Gesprächs zwischen Scholz und dem Kreml-Chef informiert. Er selbst habe allerdings keine Absicht, mit Putin zu telefonieren. Angesichts der Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten müsse die EU "die Ukraine so stark unterstützen wie wir es können, und das schneller".
Der scheidende EU-Außenbeauftragte äußerte sich bei dem vermutlich letzten Ministerrat unter seiner Leitung frustriert über das "Zögern" der Europäer im russischen Angriffskrieg, der am Dienstag bereits 1000 Tage dauert. "Jedes Mal, wenn wir Entscheidungen getroffen haben, um die Ukraine zu unterstützen, hat es zu lange gedauert", kritisierte Borrell. Der Spanier soll sein Amt zum 1. Dezember an die frühere estnische Regierungschefin Kaja Kallas abgeben.
(U.Beriyev--DTZ)