"Angriff auf die Geschichte": Mahnmal für Aufstand im Warschauer Ghetto geschändet
In Polen haben Unbekannte das Mahnmal zur Erinnerung an den Aufstand im Warschauer Ghetto geschändet. An dem Denkmal entfernten Arbeiter am Freitag rote und schwarze Farbe von den großflächig beschmierten Steinen, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP beobachtete. Die polnische Regierung verurteilte die Schändung des Erinnerungsortes "aufs Schärfste" als "Akt von Vandalismus".
Taten wie diese seien ein "Angriff auf die Geschichte und auf die Werte, die uns als Gesellschaft verbinden", erklärte das polnische Außenministerium auf seiner Webseite. Der polnische Innenminister Tomasz Siemoniak sprach von einer "Schändung" des Gedenkortes und kündigte eine "intensive Untersuchung" an.
Die Polizei ermittelte am Freitag vor Ort. Zu der Tat hat sich bisher zwar niemand bekannt. Die roten und schwarzen Balken auf dem Mahnmal erinnerten jedoch an die Farben der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA).
Deren Mitglieder töteten zwischen 1943 und 1945 in der Region Wolhynien bis zu 100.000 Angehörige der polnischen Minderheit. Das mehrheitlich von Ukrainern bewohnte Gebiet gehörte bis 1939 zu Polen, wurde aber infolge des Hitler-Stalin-Pakts der damaligen Sowjetunion zugeschlagen.
Der israelische Botschafter in Polen, Jacov Livne, veröffentlichte in den Online-Netzwerken ein Bild, auf dem ein roter Farbfleck auf dem Denkmal zu sehen ist. "Gestern Abend wurde das Ehrenmal des Warschauer Ghettos mutwillig beschädigt", schrieb er dazu im Onlinedienst X.
Die polnischen Behörden forderte der Diplomat auf, die Täter aufzuspüren und zur Rechenschaft zu ziehen. "Dies ist nicht der erste Fall von antisemitischem Vandalismus hier. Nur ein entschlossenes Vorgehen kann das beenden", erklärte er.
Das Mahnmal im Zentrum Warschaus gedenkt der jüdischen Widerstandskämpfer, die sich am 19. April 1943 in aussichtsloser Lage gegen die deutschen Besatzer erhoben hatten. In dem Ghetto, in dem einst rund 450.000 Juden zusammengepfercht waren, lebten nach den Massendeportationen im Sommer 1942 nur noch rund 50.000 Menschen.
Der Aufstand wurde brutal niedergeschlagen und das Ghetto niedergebrannt, nur wenige Menschen überlebten. Den Großteil der Ghetto-Bewohner schickten die Nazis im NS-Vernichtungslager Treblinka in den Tod. Das Ehrenmal für die Helden des Ghettos ist aber auch ein Ort der Aussöhnung: Mit seinem Kniefall vor dem Denkmal vollzog der damalige Kanzler Willy Brandt (SPD) 1970 eine historische Geste der Demut.
Vor dem Hintergrund des Krieges im Gazastreifen, der von dem beispiellosen Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden war, haben antisemitische Taten in vielen Ländern massiv zugenommen. In der vergangenen Woche lösten gewaltsame Ausschreitungen gegen israelische Fußballfans in Amsterdam international Bestürzung aus.
(L.Svenson--DTZ)