Tarifparteien liegen bei Länderverhandlungen weit auseinander
Nach mehrwöchigen bundesweiten Warnstreiks sind die größten Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in Deutschland fortgesetzt worden. In Potsdam kamen die in der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) organisierten Arbeitgeber am Donnerstag mit den Verhandlungsführern von Verdi und Beamtenbund zur dritten Verhandlungsrunde zusammen. Sie wollen bis Sonnabend einen Tarifvertrag abschließen - doch die Fronten sind verhärtet.
Der TdL-Verhandlungsführer, Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), machte deutlich, die Arbeitgeber würden vorerst kein eigenes Angebot vorlegen. Erst wenn alle Themen gegen Ende der Tarifrunde verhandelt und ausgelotet seien, würden die Länder skizzieren, wie sie sich ein Angebotspaket vorstellten.
Die Gewerkschaftsforderung belaufe sich auf sechs Prozent lineare Lohnanhebung sowie weitere vier Prozent durch strukturelle Verbesserungen - zehn Prozent Plus binnen eines Jahres, das sei "offensichtlich für die Länder nicht bezahlbar", sagte Kollatz. Die Lage der Länder sei besser als noch vor einigen Jahren und die Angestellten sollten daran teilhaben. Es gebe aber auch einen großen Investitionsstau, zudem müsse etwas vom 580 Milliarden Euro großen Länder-Schuldenberg abgetragen werden, argumentierte er.
Die Ausgangslage zum Start der dritten Tarifrunde sei "so kompliziert, dass man keine Prognose wagen kann", sagte der Bundeschef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske. In allen wesentlichen Themenfeldern lägen Arbeitgeber und Arbeitnehmer "weit, weit auseinander".
Das betreffe etwa die angestrebte Reform der Entgeltordnung mit einer Neuzuordnung von Tätigkeiten. Wo die Länder nicht mit besser zahlenden kommunalen Arbeitgebern und dem Bund in Konkurrenz stünden, bewegten sie sich nicht, kritisierte Bsirske. Wo sie zu Aufschlägen bereit seien, wollten sie diese durch Abschläge bei den übrigen Beschäftigten vollständig kompensiert sehen.
Die Forderung nach linearer Lohnanhebung von sechs Prozent werde pauschal als unfinanzierbar zurückgewiesen, sagte Bsirske. Das stehe in Kontrast zur außerordentlich guten Finanzlage der Länder. Zudem lehnten die Länder eine Attraktivitätssteigerung etwa bei der Krankenpflege ab. Ferner drängten die Arbeitgeber auf Verschlechterungen bei der Tarifeingruppierung bestimmter Tätigkeiten.
Wenn dies von den Arbeitgebern zur Vorbedingung eines Tarifabschlusses gemacht würde, "dann stehen wir allerdings vor dem Scheitern der Verhandlungen und dann stehen wir natürlich vor einer deutlichen Eskalation des Tarifkonflikts", warnte Bsirske. Die Verhandlungen seien enorm schwierig.
Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach fügte hinzu, wahrscheinlich werde es zunächst keine weitere Verhandlungsrunde geben. Sollten die Verhandlungen am Wochenende in dritter Runde scheitern, müssten die Gewerkschaften wahrscheinlich in Urabstimmung und Streik einsteigen "und das braucht dieses Land im Moment überhaupt nicht".
(I.Beryonev--DTZ)