Im Gezerre um Neuwahl-Termin kein Ende in Sicht - Union erteilt Scholz Abfuhr
Im Streit über den Zeitplan hin zur vorgezogenen Bundestagswahl zeichnet sich keine Einigung ab. Politiker der Union erteilten am Montag der Idee von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Absage, dass SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) einen Termin festlegen. Scholz solle "zügig die Vertrauensfrage stellen" - dazu seien "keine weiteren Absprachen notwendig", sagte Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) der "Bild"-Zeitung. Auch die FDP forderte Tempo. Die Grünen zeigten sich genervt.
Scholz hatte ursprünglich angekündigt, am 15. Januar die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. Am Sonntagabend erklärte er aber in der ARD seine Bereitschaft, dies noch vor Weihnachten zu tun. Auf einen genauen Termin auch für Neuwahlen sollten sich nach Vorstellung des Kanzlers Mützenich und Merz einigen.
"Scholz sollte jetzt keine weiteren Nebelkerzen werfen, sondern zügig die Vertrauensfrage stellen", sagte der CDU-Politiker Frei dazu der "Bild"-Zeitung. "Bei diesem Verfahren liegt es allein am Kanzler, das Drama zu beenden und die Tür zum Neuanfang zu öffnen." Im Gespräch mit der "Rheinischen Post" bekräftigte Frei die Forderung der Union, dass Scholz die Vertrauensfrage bereits an diesem Mittwoch stelle.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte dem Sender Welt TV, die Union wolle die Vertrauensfrage "jetzt so schnell wie möglich". Dann "sind wir bereit, über die zwingend notwendigen Dinge zu reden, aber bitte nur die zwingend notwendigen".
Auch die nunmehr oppositionelle FDP drückte aufs Tempo. "Eine Hängepartie kann sich in der jetzigen Situation niemand leisten", sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai in Berlin. "Deswegen muss die Vertrauensfrage und damit verbunden die Neuwahl rasch erfolgen."
FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer warf Scholz eine "selbstgerechte und abgehobene" Verhaltensweise vor. "Vertrauensfrage im Tausch gegen Zustimmung für Gesetze ist das neue, niedrige Niveau von Olaf Scholz, Rolf Mützenich und der SPD", sagte Meyer der Nachrichtenagentur AFP.
Die Grünen zeigten sich irritiert von Scholz' unterschiedlichen Aussagen. Die Bürger wollten nicht an dem einen Tag vom Kanzler hören, er sei der einzige, der entscheide - und dann die Aussage, es sollten doch die Fraktionschefs beraten, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann im ZDF-"Morgenmagazin". "Es muss jetzt eine Klarheit darüber geben, wann die Vertrauensfrage gestellt wird."
Haßelmann zeigte offen für einen früheren Zeitpunkt als den 15. Januar. Es müsse nur so laufen, dass sich die Parteien auch auf Neuwahlen vorbereiten können. Außerdem müsse es auch Zeit geben, noch Gesetzesvorhaben zu verabschieden. Haßelmann nannte insbesondere das Deutschlandticket, das ohne Beschluss des Bundestags auslaufen werde. Auch die verabredete Stärkung des Bundesverfassungsgerichts müsse beschlossen werden.
Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte in Berlin, ihre Partei werde selbstverständlich bei den Gesprächen zwischen Regierung und Opposition dabei sein. "Aber das kann eine Entscheidung des Bundeskanzlers nicht ersetzen", betonte sie. Laut Grundgesetz sei allein der Kanzler für die Ansetzung der Vertrauensfrage zuständig.
Dagegen sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch, er "traue Merz und Mützenich zu, eine einvernehmliche Lösung zu finden". Ihren Parteitag zur Verabschiedung eines Wahlprogramms und zur Nominierung von Scholz zum Kanzlerkandidaten werde die SPD voraussichtlich Ende Januar oder Anfang Februar veranstalten.
(P.Vasilyevsky--DTZ)