Bundestagsabgeordnete besuchen Wikileaks-Gründer Assange in London
Nach einem Besuch bei Wikileaks-Gründer Julian Assange in dessen Botschaftsasyl in London hat die Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel (Linke) die Bundesregierung aufgefordert, sich für den Schutz des Australiers einzusetzen. Berlin solle Assange Asyl gewähren "oder eine internationale Regelung herbeiführen", sagte Hänsel der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag. Deutschland solle den Fall im kommenden Jahr zudem im UN-Sicherheitsrat auf die Tagesordnung setzen.
Hänsel traf Assange zusammen mit ihrer Parteikollegin Sevim Dagdelen in der ecuadorianischen Botschaft in der britischen Hauptstadt, wo der Wikileaks-Gründer seit sechs Jahren politisches Asyl genießt. Der 47-Jährige habe nach Monaten der "totalen Isolation" auf dem ecuadorianischen Botschaftsgelände "geschwächt", aber "mental stark" gewirkt, sagte Hänsel. In dem einstündigen Gespräch habe er auf den permanenten Druck verwiesen, bei minimalen Verstößen gegen das strikte Protokoll seinen Asylstatus verlieren zu können.
Der Australier war 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflohen, um einer Auslieferung an Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen zu entgehen. Assange befürchtete, dass ihn Schweden weiter an die USA ausliefern könnte - wo ihm möglicherweise wegen brisanter Enthüllungen die Todesstrafe droht. Die Internet-Plattform Wikileaks hatte 2010 hunderttausende geheime Dokumente aus der Kommunikation von US-Botschaften veröffentlicht, darunter über das Vorgehen der US-Streitkräfte im Irak und in Afghanistan.
Die Stockholmer Staatsanwaltschaft legte den schwedischen Fall im Mai 2017 Jahr zu den Akten. Doch besteht nach wie vor ein britischer Haftbefehl, weil Assange 2010 gegen Auflagen der Justiz verstoßen haben soll. Die seit Mai 2017 in Ecuador amtierende Regierung sieht Assanges Aufenthalt in der Botschaft zunehmend kritisch und versucht seit einigen Monaten, ihn zum Gehen zu bewegen. Unter anderem durfte er monatelang keinen Besuch empfangen, telefonieren oder das Internet benutzen.
Assange befürchte, "dass er Teil eines Deals werden könnte, zwischen Ecuador und den USA", sagte Hänsel AFP. Er habe große Befürchtungen, dass ein Ende des Asyls und somit seine Verhaftung bevorstehe. Der Australier wünsche sich, in Freiheit zu kommen und eine Garantie, nicht an die USA ausgeliefert zu werden.
Dagdelen und Hänsel bedauerten in einer gemeinsamen Mitteilung, dass die deutsche Regierung bisher nichts unternommen habe, um eine Lösung zu finden. Sie forderten Außenminister Heiko Maas (SPD) dazu auf, "Haltung zu zeigen und sich für die Gesundheit und Sicherheit von Julian Assange einzusetzen".
"Die friedliebenden und freiheitsliebenden Menschen in Deutschland und der ganzen Welt sind Herrn Assange zu Dank verpflichtet", hieß es weiter. Für die Aufdeckung von Kriegsverbrechen "verdient Assange Preise, keine politische Verfolgung und keinen Prozess". Hänsel rief weitere Abgeordnete aus dem EU- und anderen Parlamenten dazu auf, Assange regelmäßig zu besuchen und die "Unterstützung wieder aufzubauen".
(M.Dylatov--DTZ)