Trumps Alleingang bei US-Truppenabzug aus Syrien stößt auf heftigen Widerspruch
Der von US-Präsident Donald Trump im Alleingang angekündigte Truppenabzug aus Syrien stößt bei den westlichen Verbündeten auf heftige Kritik. Deutschland, Großbritannien und Frankreich warnten am Donnerstag vor der anhaltenden Bedrohung durch die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Zustimmung erhielt Trump dagegen von Russlands Präsident Wladimir Putin, der im Syrien-Konflikt seit 2015 Machthaber Baschar al-Assad militärisch unterstützt.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) kritisierte die Ankündigung Trumps scharf. "Es besteht die Gefahr, dass diese Entscheidung dem Kampf gegen IS schadet und die erreichten Erfolge gefährdet", erklärte Maas im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der IS sei zwar zurückgedrängt, aber die Bedrohung sei noch da. Deutschland ist seit Jahren militärisch an einer multinationalen Koalition beteiligt, die den IS in Syrien und im Irak bekämpft.
In einer weiteren Erklärung von Maas hieß es: "Nicht nur für uns kommt der abrupte Kurswechsel der amerikanischen Seite überraschend." Aus dem Auswärtigen Amt verlautete, in den kommenden Tagen und Wochen müsse darüber beraten werden, "welche Folgen die Entscheidung für die Strategie der Anti-IS-Koalition hat".
Die französische Verteidigungsministerin Florence Parly erklärte auf Twitter, der IS sei "nicht von der Landkarte gelöscht", vielmehr müsse er "endgültig militärisch besiegt" werden. Auch Frankreichs Europaministerin Nathalie Loiseau widersprach: "Der Kampf gegen den Terrorismus ist nicht beendet", sagte sie. Deshalb bleibe Frankreich vorerst weiter militärisch in Syrien engagiert.
Auch aus London kam heftiger Widerspruch: Die internationale Koalition gegen den IS habe zwar "große Fortschritte gemacht", erklärte das britische Außenministerium, "aber es bleibt viel zu tun". Die Gefahr durch die Dschihadistenmiliz dürfe nicht außer Acht gelassen werden, da sie auch ohne Territorium eine "Bedrohung" bleibe.
Die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), bisher der wichtigste Partner der US-Streitkräfte im Kampf gegen die IS-Miliz im Norden und Osten Syriens, warnten vor den Folgen für den Kampf gegen den IS. "Er wird negative Auswirkungen auf den Anti-Terror-Einsatz haben", erklärte das kurdisch-arabische Bündnis. Zugleich kündigte das Bündnis an, seinen Kampf gegen den IS fortzusetzen.
Putin bezeichnete die Ankündigung Trumps dagegen als "richtig". "Im Großen und Ganzen" stimme er mit Trumps Einschätzung überein, dass der IS in Syrien besiegt sei, sagte der russische Präsident bei seiner Jahrespressekonferenz.
In Washington stieß Trumps Ankündigung parteiübergreifend auf Kritik. Durch den Abzug aus Syrien schade Trump seinem erklärten Ziel: den Einfluss Irans in der Region einzudämmen, erklärte der republikanische Senator Lindsey Graham. "Der Abzug hintertreibt diese Bemühungen und gefährdet unsere Verbündeten, die Kurden."
Der demokratische Senator Jack Reed warf Trump "Verrat" an den Kurden vor und sprach von einem "weiteren Beweis" für die "Unfähigkeit" des Präsidenten, "auf der Weltbühne zu führen". Auch zahlreiche Politiker und Experten in den USA kritisierten den Abzug als verfrüht, da er die IS-Miliz stärken und dem Iran, Russland und Syriens Machthaber Assad freie Hand geben werde.
Irans Präsident Hassan Ruhani und sein türkischer Kollege Recep Tayyip Erdogan gingen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Ankara nicht direkt auf den angekündigten US-Truppenabzug ein. Sie betonten aber ihren Willen, die Einheit Syriens zu wahren.
Am Donnerstag verteidigte Trump seine Entscheidung und gab zu verstehen, dass die USA nicht "der Polizist des Nahen Osten" seien. Er trete seit Jahren für einen Abzug aus Syrien ein, erklärte Trump im Kurzbotschaftendienst Twitter. Die US-Armee schütze überdies Menschen, die dies "in den meisten Fällen" nicht zu schätzen wüssten.
Erst vergangene Woche hatte Trumps Anti-IS-Beauftragter Brett McGurk versichert, die US-Truppen würden noch eine Weile in Syrien bleiben, da es "noch viele versteckte Zellen gibt" und "kein Mensch so naiv sein wird zu glauben, dass sie einfach verschwinden".
(U.Stolizkaya--DTZ)