Pro Asyl kritisiert in Abschiebe-Diskussion Grünen-Chefin Baerbock
Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl hat Grünen-Chefin Annalena Baerbock wegen ihrer Äußerungen zur Abschiebung straffälliger Flüchtlinge kritisiert. "Wer eine Straftat begeht, gehört vor Gericht", sagte Pro-Asyl-Rechtsexpertin Bellinda Bartolucci den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland von Donnerstag. Baerbock verwies darauf, dass sie ebenfalls für die Verbüßung von Strafen eintrete. "Bei einer schweren Straftat muss der Täter als erstes ins Gefängnis - wie jeder Deutsche auch", sagte sie der Nachrichtenagentur AFP.
Baerbock hatte der "Süddeutschen Zeitung" vom Mittwoch gesagt: "Straffällige Asylbewerber, die unsere Rechtsordnung nicht akzeptieren und vollziehbar ausreisepflichtig sind, sollten bei der Abschiebung vorgezogen werden." Statt bevorzugt Geflüchtete auszuweisen, die in Deutschland gut integriert seien, müsse der Rechtsstaat bei ausreisepflichtigen Mehrfachtätern "konsequent durchgreifen", insbesondere bei Sexualstraftätern.
Die Pro-Asyl-Expertin Bartolucci sagte, es sei erforderlich, ein strafrechtliches Verfahren einzuleiten. Darauf müsse die Verbüßung einer entsprechenden Strafe folgen. "Da erscheint es mehr als fragwürdig, einen Straftäter in ein anderes Land abzuschieben, ohne zu wissen, was mit dieser Person dort passiert", fügte Bartolucci hinzu.
Baerbock stellte klar, dass sie dafür auch gar nicht plädiert habe. "Es wäre unverantwortlich, einen Mörder oder Vergewaltiger einfach in ein Flugzeug zu setzen, nach dem Motto: aus den Augen, aus dem Sinn." Wegen einer schweren Straftat könne einem Täter während der Haft der Flüchtlingsstatus entzogen werden. Nach Verbüßung der Haft muss er ausreisen oder abgeschoben werden, sofern kein Abschiebehindernis bestehe.
Auch in der "Süddeutschen Zeitung" hatte Baerbock gesagt, auf eine Straftat müssten zügig Urteil und Strafvollzug folgen.
Der Grünen-Ko-Vorsitzende Robert Habeck stellte sich hinter Baerbock. Diese habe mit ihrer Äußerung "Mut" bewiesen, sagte Habeck am Donnerstag im Südwestrundfunk. Die Grünen hätten aber ihre Politik nicht verschärft. Habeck hob ebenfalls hervor, Flüchtlinge müssten ihre Haftstrafe in Deutschland verbüßen. "Wenn sie abgesessen ist und die Straftat schwer war, dann können sie ihren Aufenthaltstitel verlieren und abgeschoben werden." Dies gelte, sofern das Land aufnahmefähig sei. "Man kann die Menschen nicht in Folter und Tod schicken."
Wenn im Herkunftsland Krieg herrsche, dann müssten straffällige Flüchtlinge unter eine Wohnsitzauflage gestellt werden, sodass bekannt sei, wo diese sich aufhalten, fügte Habeck hinzu.
(U.Beriyev--DTZ)