Deutsche Tageszeitung - US-Truppenabzug aus Syrien löst Widerspruch und Besorgnis bei Verbündeten aus

US-Truppenabzug aus Syrien löst Widerspruch und Besorgnis bei Verbündeten aus


US-Truppenabzug aus Syrien löst Widerspruch und Besorgnis bei Verbündeten aus
US-Truppenabzug aus Syrien löst Widerspruch und Besorgnis bei Verbündeten aus / Foto: ©

Der von US-Präsident Donald Trump angekündigte Truppenabzug aus Syrien hat heftigen Widerspruch und Besorgnis bei internationalen Verbündeten und in Washington ausgelöst. Wie zuvor Großbritannien verwies Frankreich am Donnerstag auf die anhaltende Bedrohung durch den IS und erklärte, es halte an seiner Militärpräsenz in Syrien fest. Trumps Entschluss bedeutet eine Abkehr von der langjährigen US-Politik gegenüber Syrien und der Region.

Textgröße ändern:

"Wir haben gegen ISIS gewonnen", sagte Trump in einem auf Twitter veröffentlichten Video mit Blick auf die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). "Wir haben das Land zurückerobert. Und nun ist es an der Zeit, dass unsere Soldaten nach Hause zurückkehren."

Der US-Präsident hatte am Mittwoch erklärt, er sehe die Mission der US-Armee in Syrien mit dem Sieg über die Dschihadistenmiliz als erfüllt an. Seine Sprecherin Sarah Sanders sagte, der Rückzug der 2000 Soldaten sei bereits eingeleitet worden.

Die französische Verteidigungsministerin Florence Parly erklärte auf Twitter, der IS sei "nicht von der Landkarte gelöscht". Er müsse "endgültig militärisch besiegt" werden. Auch Frankreichs Europaministerin Nathalie Loiseau widersprach: "Der Kampf gegen den Terrorismus ist nicht beendet", sagte sie und verwies auf den Anschlag in Straßburg mit fünf Toten vom 11. Dezember. Deshalb bleibe Frankreich vorerst weiter militärisch in Syrien engagiert.

Auch aus London kam heftiger Widerspruch: Die internationale Koalition gegen den IS habe zwar "große Fortschritte gemacht", erklärte das britische Außenministerium, "aber es bleibt viel zu tun". Die Gefahr durch die Dschihadistenmiliz dürfe nicht außer Acht gelassen werden, da sie auch ohne Territorium eine "Bedrohung" bleibe. Laut der Zeitung "New York Times" wurde Großbritannien nicht vorab über Trumps Entscheidung informiert.

Trump hatte bereits im März unerwartet einen baldigen Abzug der US-Truppen aus Syrien in Aussicht gestellt, doch blieb es damals bei der Ankündigung, die offenbar ohne Abstimmung mit der Regierung getroffen worden war.

Seine jetzige Ankündigung stieß in Washington parteiübergreifend auf Kritik. Durch den Abzug aus Syrien schade Trump seinem erklärten Ziel: den Einfluss Irans in der Region einzudämmen, erklärte der republikanische Senator Lindsey Graham. "Der Abzug hintertreibt diese Bemühungen und gefährdet unsere Verbündeten, die Kurden."

Der demokratische Senator Jack Reed warf Trump "Verrat" an den Kurden vor und sprach von einem "weiteren Beweis" für die "Unfähigkeit" des Präsidenten, "auf der Weltbühne zu führen".

Erst vergangene Woche hatte Trumps Anti-IS-Beauftragter Brett McGurk versichert, die US-Truppen würden noch eine Weile in Syrien bleiben, da es "noch viele versteckte Zellen gibt" und "kein Mensch so naiv sein wird zu glauben, dass sie einfach verschwinden". Er fügte hinzu: "Niemand behauptet, dass die Mission erfüllt sei."

Die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), bisher der wichtigste Partner der US-Streitkräfte im Kampf gegen die IS-Miliz im Norden und Osten Syriens, warnten vor den Folgen für den Kampf gegen den IS. "Er wird negative Auswirkungen auf den Anti-Terror-Einsatz haben", erklärte das kurdisch-arabische Bündnis. Ein US-Abzug werde den Dschihadisten die Möglichkeit geben, sich wieder zu sammeln und einen Gegenangriff zu starten.

Den SDF-Einheiten war es vergangene Woche mit US-Unterstützung gelungen, eine der letzten IS-Bastionen in Ostsyrien zu erobern. Den Dschihadisten bleiben aber noch einige Gebiete, auch werden weiterhin tausende Kämpfer in der Region vermutet.

Der US-Abzug dürfte erhebliche Auswirkungen auf die Kräfteverhältnisse in Syrien haben. Der Nahost-Experte Charles Lister vom Washingtoner Middle East Institute bewertete Trumps Entscheidung als "außerordentlich naiv und kurzsichtig". Der Abzug sei ein "Traumszenario" für den IS, Russland, den Iran und die Regierung von Syriens Machthaber Baschar al-Assad - "sie alle profitieren erheblich von einem US-Rückzug".

(M.Dylatov--DTZ)

Empfohlen

Frankreichs neue Regierung plant härteren Kurs in der Innenpolitik

Die neue französische Regierung hat am Tag der Amtsübernahme bereits einen härteren Kurs in der Innenpolitik erkennen lassen. "Wir müssen den Mut zur Härte haben", sagte der konservative Innenminister Bruno Retailleau am Montag in Paris. Die 39 neuen Regierungsmitglieder waren am Morgen zunächst zu einem längeren informellen Treffen mit Premierminister Michel Barnier und am Nachmittag zu einer ersten, nur halbstündigen Kabinettssitzung mit Präsident Emmanuel Macron zusammengekommen.

Unbekannte beschmieren in Brandenburg Flüchtlingsunterkunft mit Schweineblut

Unbekannte haben in Brandenburg die Fassade einer Unterkunft für Geflüchtete mit Schweineblut beschmiert. Zudem warfen sie zwei Schweineköpfe über einen Bauzaun auf das Gelände, wie die Polizei in Frankfurt an der Oder am Montag mitteilte. Demnach wurde der Vorfall in Beeskow am Sonntagvormittag gemeldet.

Debatte über teure Geschenke an Minister überschattet Labour-Parteitag

Streit über die Streichung von Heizöl-Beihilfen und Empörung über teure Geschenke für Regierungsmitglieder: Die britische Labour-Partei des neuen Premierministers Keir Starmer steht bei ihrem ersten Parteitag seit ihrer Regierungsübernahme unter Druck. Finanzministerin Rachel Reeves versicherte am Montag, dass es keinen strikten Sparkurs und keine Steuererhöhungen für Arbeitnehmer geben werde. Starmer, Reeves und Vize-Premierministerin Angela Rayner gerieten wegen der Annahme von Geschenken unter Rechtfertigungsdruck.

CDU und CSU heben Merz als Kanzlerkandidaten auf den Schild

Ein Jahr vor der Bundestagswahl haben CDU und CSU Friedrich Merz offiziell zum Kanzlerkandidaten der Union gekürt. Wie CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag sagte, wurde Merz in Bundesvorstand und Präsidium einstimmig zum Spitzenkandidaten bestimmt. In München stellte sich der CSU-Parteivorstand praktisch zeitgleich geschlossen hinter den 68-jährigen CDU-Chef.

Textgröße ändern: