Deutsche Tageszeitung - Hessens Innenminister sichert hartes Vorgehen gegen rechtsextreme Polizisten zu

Hessens Innenminister sichert hartes Vorgehen gegen rechtsextreme Polizisten zu


Hessens Innenminister sichert hartes Vorgehen gegen rechtsextreme Polizisten zu
Hessens Innenminister sichert hartes Vorgehen gegen rechtsextreme Polizisten zu / Foto: ©

In der Affäre um mögliche rechtsextreme Netzwerke in der hessischen Polizei hat Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) Aufklärung und schonungslose Konsequenzen zugesichert. "Wir werden jedem auch noch so geringen Verdachtsmoment nachgehen - und sollten sie sich bestätigen, Straftaten oder Fehlverhalten mit aller Härte ahnden", erklärte Beuth am Mittwoch nach einer Sitzung des Innenausschusses des Landtags in Wiesbaden. Die Linke beklagte mangelnde Informationen.

Textgröße ändern:

"Polizisten haben mit beiden Beinen fest auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu stehen", erklärte Beuth nach der von der Linksfraktion beantragten Befragung im Ausschuss. Er erwarte von jedem Polizisten, extremistisches Gedankengut "zu erkennen" und ihm "entschlossen entgegenzutreten".

Sechs Polizeibeamte aus Frankfurt am Main, Darmstadt sowie Wetter und Kirtorf im Landkreis Marburg-Biedenkopf werden verdächtigt, rechtsextreme Chatnachrichten ausgetauscht zu haben. Dabei sollen sie auch im Zusammenhang mit einem Drohschreiben an die Anwältin Seda Basay-Yildiz stehen, die Nebenklagevertreterin im NSU-Prozess war.

Der Innenexperte der Linksfraktion im hessischen Landtag, Hermann Schaus, kritisierte die Informationspolitik der Landesregierung. Alle Erkenntnisse zu den Vorgängen stammten bisher aus der Presse. "Mein Verdacht ist, dass seitens des Ministeriums bis heute vertuscht wird", sagte Schaus im Südwestrundfunk.

Nach Angaben des hessischen Innenministeriums vom Mittwoch waren die Ermittlungen durch die Anzeige der Rechtsanwältin ins Rollen gekommen, die Anfang August ein mit "NSU 2.0" unterzeichnetes Fax erhalten hatte, in dem die Ermordung ihrer zweijährigen Tochter angedroht wurde. Wer das Schreiben verschickte, ist demnach bislang allerdings noch ungeklärt. Polizei und Staatsanwaltschaft begannen danach mit Ermittlungen, die absichtlich verdeckt geführt wurden.

Das Fax enthielt öffentlich nicht zugängliche Informationen zu der Juristin, die laut Ermittlungen der Polizei aus der Abfrage aus dem internen Auskunftssystem der Frankfurter Polizei stammen könnten. Tatsächlich wurde ein Zugriff einem Frankfurter Beamten zugeordnet, auf dessen privatem Mobiltelefon bei einer Durchsuchung dann der fragliche Chatverkehr gefunden wurde. An diesem beteiligten sich im Rahmen einer Chatgruppe fünf männliche und weibliche Polizisten.

Bei den weiteren Ermittlungen identifizierten die Ermittler laut Ministerium weitere Menschen, die zeitweise der Gruppe angehörten. Darunter waren zwei weitere Beschuldigte, von denen einer ebenfalls Polizist ist. Alle sechs verdächtigen Beamten wurden vom Dienst suspendiert. Die Ermittlungen laufen weiter und werden inzwischen von einer speziellen Arbeitsgruppe des Landeskriminalamts geführt.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) forderte angesichts der Ereignisse in Hessen ein hartes Vorgehen gegen Extremisten in den Reihen der Polizei. Jeder, der im öffentlichen Dienst wichtige Funktionen für die Bürger bekleide, müsse "ohne jeden Zweifel auf der Grundlage unserer Verfassung stehen", sagte er in Berlin. "Da gibt es überhaupt keine Kompromisse." Wenn dies nicht der Fall sei, müssten betroffenen Stellen "ganz konsequent handeln".

Der ebenfalls als Nebenklagevertreter aus dem NSU-Prozess bekannte Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler forderte eine schärfere Kontrolle von Polizeianwärtern. Nötig sei eine Sicherheitsüberprüfung, sagte Daimagüler den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Bisher werde in den meisten Ländern seiner Kenntnis nach nur das Vorstrafenregister abgefragt. Es müsse aber Nachforschungen zu problematischen politischen Aktivitäten geben.

Die hessischen Regierungsfraktionen von CDU und Grünen sicherten nach der Ausschusssitzung in Wiesbaden ebenfalls ein konsequentes Vorgehen zu. "Wer die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht achtet, für den ist in den Reihen der Polizei kein Platz", erklärte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Jürgen Frömmrich. Es sei gut, dass Polizei und Staatsanwaltschaft nach dem bisherigen Stand der Dinge von Anfang an "professionell und akribisch" ermittelten.

(W.Novokshonov--DTZ)

Empfohlen

Frankreichs neue Regierung plant härteren Kurs in der Innenpolitik

Die neue französische Regierung hat am Tag der Amtsübernahme bereits einen härteren Kurs in der Innenpolitik erkennen lassen. "Wir müssen den Mut zur Härte haben", sagte der konservative Innenminister Bruno Retailleau am Montag in Paris. Die 39 neuen Regierungsmitglieder waren am Morgen zunächst zu einem längeren informellen Treffen mit Premierminister Michel Barnier und am Nachmittag zu einer ersten, nur halbstündigen Kabinettssitzung mit Präsident Emmanuel Macron zusammengekommen.

Unbekannte beschmieren in Brandenburg Flüchtlingsunterkunft mit Schweineblut

Unbekannte haben in Brandenburg die Fassade einer Unterkunft für Geflüchtete mit Schweineblut beschmiert. Zudem warfen sie zwei Schweineköpfe über einen Bauzaun auf das Gelände, wie die Polizei in Frankfurt an der Oder am Montag mitteilte. Demnach wurde der Vorfall in Beeskow am Sonntagvormittag gemeldet.

Debatte über teure Geschenke an Minister überschattet Labour-Parteitag

Streit über die Streichung von Heizöl-Beihilfen und Empörung über teure Geschenke für Regierungsmitglieder: Die britische Labour-Partei des neuen Premierministers Keir Starmer steht bei ihrem ersten Parteitag seit ihrer Regierungsübernahme unter Druck. Finanzministerin Rachel Reeves versicherte am Montag, dass es keinen strikten Sparkurs und keine Steuererhöhungen für Arbeitnehmer geben werde. Starmer, Reeves und Vize-Premierministerin Angela Rayner gerieten wegen der Annahme von Geschenken unter Rechtfertigungsdruck.

CDU und CSU heben Merz als Kanzlerkandidaten auf den Schild

Ein Jahr vor der Bundestagswahl haben CDU und CSU Friedrich Merz offiziell zum Kanzlerkandidaten der Union gekürt. Wie CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag sagte, wurde Merz in Bundesvorstand und Präsidium einstimmig zum Spitzenkandidaten bestimmt. In München stellte sich der CSU-Parteivorstand praktisch zeitgleich geschlossen hinter den 68-jährigen CDU-Chef.

Textgröße ändern: