May weist Forderungen nach zweitem Brexit-Referendum strikt zurück
Großbritanniens Premierministerin Theresa May hat Forderungen nach einem zweiten Brexit-Referendum vehement zurückgewiesen. Eine weitere Abstimmung würde der britischen Politik "irreparablen Schaden" zufügen, sagte May am Montag im Parlament. Sie warnte vor einer weiteren Spaltung des Landes und rief die Abgeordneten auf, das mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen zu besiegeln. Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei brachte ein Misstrauensvotum gegen May auf den Weg.
In dem Brexit-Chaos in Großbritannien waren zuletzt Rufe nach einem zweiten Referendum lauter geworden, auch in den Reihen der konservativen Tories von Parteichefin May.
Die Premierministerin bekräftigte bei ihrer Rede im Unterhaus aber ihre ablehnende Haltung: "Lassen Sie uns den Briten gegenüber nicht Wort brechen, indem wir versuchen, ein weiteres Referendum abzuhalten." Ein weiterer Volksentscheid würde das Land keinen Schritt nicht weiterbringen. Es würde vielmehr das Land "in genau dem Moment, in dem wir daran arbeiten sollten, es zu vereinen, weiter spalten", sagte May.
Die Briten hatten sich 2016 in einer Volksabstimmung mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, die Europäische Union zu verlassen. May versucht nun, die Abgeordneten in London von einem mit Brüssel ausgehandelten Austrittsabkommen zu überzeugen, trifft dabei aber auf einen breiten Widerstand im Parlament.
Auch die regierenden Tories sind tief gespalten. Die Premierministerin hatte in der vergangenen Woche die entscheidende Abstimmung über den Brexit-Vertrag im Unterhaus wegen einer drohenden Ablehnung in letzter Minute verschoben. Als neuen Zeitrahmen für das Votum nannte May nun die dritte Januarwoche. "Wir müssen unserer Verpflichtung nachkommen und diesen Auftrag zu Ende bringen", sagte die Premierministerin.
Corbyn beantragte am Montag ein Misstrauensvotum gegen May. Das Unterhaus habe "kein Vertrauen" mehr in die Premierministerin, weil sie keine Abstimmung über den Brexit-Vertrag zugelassen habe, sagte der Labour-Chef vor den Abgeordneten. Eine Vertrauensabstimmung sei seiner Ansicht nach "der einzige Weg", um eine Abstimmung noch in dieser Woche durchzusetzen.
Eine Vertrauensabstimmung gegen die Premierministerin ist allerdings unverbindlich und würde daher nicht automatisch zum Sturz Mays führen. Die Regierung muss dem Antrag zudem noch zustimmen. Nach Angaben der Parlamentsverwaltung ist aber üblich, dass einem solchen Antrag entsprochen wird.
May hatte erst in der vergangenen Woche ein parteiinternes Misstrauensvotum überstanden. Sie ist politisch aber schwer angeschlagen, weil ein Drittel der konservativen Abgeordneten im Unterhaus gegen sie gestimmt hatte. Eine Misstrauensvotum von einer Mehrheit der Unterhaus-Abgeordneten würde sie nun weiter schwächen - und könnte einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung und Neuwahlen zur Folge haben.
Der Streit über ein zweites Brexit-Referendum hatte am Wochenende auch zu einem öffentlichen Schlagabtausch zwischen May und dem ehemaligen Premierminister Tony Blair geführt. Blairs Forderung nach einem neuen Votum sei "eine Beleidigung des Amtes, das er einst bekleidete, und des Volkes, dem er einst diente", erklärte May.
Blair reagierte prompt und bezeichnete es als "unverantwortlich", die Abgeordneten des Unterhauses dazu zwingen zu wollen, das mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen anzunehmen. "Vernünftig wäre es, das Parlament über alle angebotenen Formen des Brexit abstimmen zu lassen." Gebe es keine Einigung, sollte erneut das Volk befragt werden.
Einige Abgeordnete bringen außerdem eine weitere Option ins Spiel. Für den Fall, dass Mays Abkommen im Parlament abgelehnt wird, schlagen sie eine unverbindliche Abstimmung über mögliche Alternativen vor: einen Brexit ohne Vertrag, ein zweites Referendum oder das "Norwegen-Modell", das einen "weichen" Brexit und eine Art "halbe" EU-Mitgliedschaft ermöglichen würde. Mays Sprecher betonte am Montag aber, eine solche Abstimmung sei derzeit nicht geplant.
(S.A.Dudajev--DTZ)