Deutsche Tageszeitung - May erteilt Forderung nach zweitem Brexit-Referendum eine Absage

May erteilt Forderung nach zweitem Brexit-Referendum eine Absage


May erteilt Forderung nach zweitem Brexit-Referendum eine Absage
May erteilt Forderung nach zweitem Brexit-Referendum eine Absage / Foto: ©

Großbritanniens Premierministerin Theresa May hat Forderungen nach einem zweiten Brexit-Referendum vehement zurückgewiesen. Eine weitere Abstimmung würde der britischen Politik "irreparablen Schaden" zufügen, sagte May am Montag im Parlament in London. Sie warnte vor einer weiteren Spaltung des Landes und rief die Abgeordneten auf, das mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen zu besiegeln. Die entscheidende Abstimmung soll laut May in der dritten Januarwoche stattfinden.

Textgröße ändern:

In dem Brexit-Chaos in Großbritannien waren zuletzt Rufe nach einem zweiten Referendum lauter geworden, auch in den Reihen der konservativen Tories von Parteichefin May. Die Premierministerin bekräftigte bei ihrer Rede im Unterhaus aber ihre ablehnende Haltung: "Lassen Sie uns den Briten gegenüber nicht Wort brechen, indem wir versuchen, ein weiteres Referendum abzuhalten."

Ein weiterer Volksentscheid würde das Land keinen Schritt nicht weiterbringen. Es würde vielmehr das Land "in genau dem Moment, in dem wir daran arbeiten sollten, es zu vereinen, weiter spalten", sagte May.

Scharfe Kritik an der Forderung nach einem zweiten Referendum übte auch Ex-Außenminister Boris Johnson. Wer eine Wiederholung der Abstimmung fordere, sei "verrückt" geworden, schrieb der Brexit-Hardliner in seiner am Montag veröffentlichten wöchentlichen Kolumne für die Zeitung "Daily Telegraph". Ein zweites Votum würde "sofortige, tiefe und unauslöschliche Gefühle von Betrug" nach sich ziehen.

Die Briten hatten sich 2016 in einer Volksabstimmung mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, die Europäische Union zu verlassen. May versucht nun, die Abgeordneten in London von einem mit Brüssel ausgehandelten Austrittsabkommen zu überzeugen, trifft dabei aber auf einen breiten Widerstand im Parlament.

Auch die regierenden Tories sind tief gespalten. Die Premierministerin hatte in der vergangenen Woche die entscheidende Abstimmung über den Brexit-Vertrag im Unterhaus wegen einer drohenden Ablehnung in letzter Minute verschoben. Als neuen Zeitrahmen für das Votum nannte May nun im Parlament die dritte Januarwoche. "Wir müssen unserer Verpflichtung nachkommen und diesen Auftrag zu Ende bringen", sagte die Premierministerin.

Die Befürworter eines zweiten Referendums wiesen Mays Argumentation zurück. Eine neue Abstimmung sei sinnvoll, "denn wir wissen heute mehr darüber, was ein Brexit bedeutet", sagte die Labour-Abgeordnete Margaret Beckett. Mays Versuch, den Brexit "durchzudrücken", ohne zu prüfen, ob weiterhin die Mehrheit der Briten dafür sei, werde die Spaltung der Gesellschaft vertiefen.

Verfechter eines zweiten Votums ist auch der ehemalige Premierminister Tony Blair, mit dem sich May am Wochenende einen außergewöhnlichen öffentlichen Streit geliefert hatte. Blairs Forderung nach einem neuen Referendum sei "eine Beleidigung des Amtes, das er einst bekleidete, und des Volkes, dem er einst diente", erklärte May.

Blair reagierte prompt und bezeichnete es als "unverantwortlich", die Abgeordneten des britischen Unterhauses dazu zwingen zu wollen, das mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen anzunehmen. "Vernünftig wäre es, das Parlament über alle angebotenen Formen des Brexit abstimmen zu lassen." Gebe es keine Einigung, sollte erneut das Volk befragt werden.

Einige Abgeordnete bringen außerdem eine weitere Option ins Spiel. Für den Fall, dass Mays Abkommen im Parlament abgelehnt wird, schlagen sie eine unverbindliche Abstimmung über mögliche Alternativen vor: einen Brexit ohne Vertrag, ein zweites Referendum oder das "Norwegen-Modell", das einen "weichen" Brexit und eine Art "halbe" EU-Mitgliedschaft ermöglichen würde. Mays Sprecher betonte am Montag aber, eine solche Abstimmung sei derzeit nicht geplant.

(M.Dylatov--DTZ)

Empfohlen

Brandenburg-Wahl facht Debatte über Ampel-Zukunft weiter an

Ein Jahr vor der Bundestagswahl haben die Ergebnisse der Landtagswahl in Brandenburg die Debatte über die Zukunft der Ampel-Koalition weiter angefacht. Während FDP-Chef Christian Lindner am Montag Druck auf die Koalitionspartner machte und auf rasche Entscheidungen in zentralen Fragen drängte, warnte die SPD die Liberalen vor einem Ausstieg aus dem notorisch zerstrittenen Ampel-Bündnis. Die Grünen dämpften die Erwartungen an Koalitions-Harmonie im vierten Jahr der "Ampel".

Israel verstärkt Angriffe auf Hisbollah-Ziele - Libanons Regierung meldet 100 Tote

Israel weitet sein militärisches Vorgehen gegen die Hisbollah-Miliz im Libanon massiv aus. Die Armee kündigte am Montag "umfangreichere und präzisere Angriffe gegen Terrorziele" im gesamten Land an und rief erstmals auch die Bevölkerung auf, sich in Sicherheit zu bringen. Nach eigenen Angaben griff die israelische Armee am Montag mehr als 300 Hisbollah-Ziele an. Die libanesische Regierung sprach von hundert Toten und mehr als 400 Verletzten.

Frankreichs neue Regierung will härteren Kurs bei der Einwanderung verfolgen

Frankreichs neue rechtsorientierte Regierung hat bei der Übernahme der Regierungsgeschäfte eine Verschärfung ihrer Einwanderungspolitik erkennen lassen. "Wir müssen den Mut zur Härte haben", sagte der konservative Innenminister Bruno Retailleau am Montag in Paris. Zuvor hatte Premierminister Michel Barnier bereits Deutschlands Entscheidung, die Grenzkontrollen auf all seine Grenzen auszuweiten, als "sehr interessant" bezeichnet.

Spitzengremien von CDU und CSU heben Merz als Kanzlerkandidaten auf den Schild

Die Parteigremien von CDU und CSU haben Friedrich Merz offiziell als Kanzlerkandidaten der Union nominiert. Wie CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag sagte, wurde Merz in Bundesvorstand und Präsidium einstimmig zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl in einem Jahr gekürt. Zuvor hatte bereits der CSU-Parteivorstand mitgeteilt, dass er sich geschlossen hinter den 68-jährigen CDU-Chef gestellt habe.

Textgröße ändern: