SPD versucht sich erneut an Parteiausschluss von Thilo Sarrazin
Die SPD unternimmt einen neuen Versuch, den früheren Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin loszuwerden. Der Vorstand habe am Montag ein Parteiordnungsverfahren beschlossen und wolle Sarrazins Ausschluss erreichen, teilte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil mit. Hintergrund sind das jüngste islamkritische Buch des 73-Jährigen und seine sonstigen Äußerungen. Sarrazin sieht das Vorgehen als "Teil des innerparteilichen Machtkampfes um die künftige Linie der SPD".
Sarrazin ist in der SPD seit Langem umstritten; zweimal wurden bereits Parteiordnungsverfahren gegen ihn angestrengt. Im ersten Fall blieb das Vorhaben erfolglos, im zweiten Fall endete das Verfahren im Frühjahr 2011 mit einer Art Vergleich: Sarrazin versicherte, sich künftig an die Grundsätze der SPD zu halten, und die Anträge auf Parteiausschluss wurden zurückgenommen.
Im Sommer dieses Jahres entflammte der Konflikt erneut. Sarrazin präsentierte sein neues Buch "Feindliche Übernahme: Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht". Das SPD-Präsidium warf ihm daraufhin vor, Menschen pauschal zu diffamieren und "massive Ängste" zu schüren, und forderte ihn zum Austritt auf.
Außerdem setzte die Parteispitze eine Untersuchungskommission ein, die Sarrazins Buch und sein sonstiges Handeln prüfen und eine Empfehlung für das weitere Vorgehen abgeben sollte. Die Kommission sei zu dem Schluss gekommen, "dass Sarrazin Thesen propagiert, die mit den Grundsätzen der SPD unvereinbar sind, und der Partei schweren Schaden zufügt", erklärte Klingbeil am Montag. Daher werde der Parteiausschluss angestrebt.
Ein Schiedsgericht in Sarrazins Berliner SPD-Ortsverband muss nun binnen sechs Monaten über den Antrag des Bundesvorstands entscheiden, wie ein SPD-Sprecher der Nachrichtenagentur AFP sagte. Sarrazin wies die Vorwürfe im Gespräch mit dem "Tagesspiegel" (Dienstagsausgabe) zurück. In seinem neuen Buch gebe es keine Äußerungen, die sozialdemokratischen Grundsätzen widersprächen. Er habe zudem "niemanden beleidigt und auch nichts Fremdenfeindliches geschrieben", sagte er der Zeitung.
Aus seiner Sicht sei der Beschluss des Vorstands "Teil des innerparteilichen Machtkampfes um die künftige Linie der SPD", sagte Sarrazin weiter. Er behalte sich vor, einen Anwalt einzuschalten und den Rechtsweg zu beschreiten. Der "Bild"-Zeitung (Dienstagsausgabe) sagte Sarrazin, die SPD-Spitze wolle "eine unbequeme Stimme politisch mundtot machen".
Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert begrüßte die Entscheidung des SPD-Vorstands. Das wichtigste Buch in Sarrazins Karriere sei "keines seiner islamfeindlichen Pamphlete" gewesen - "das wichtigste Buch war immer das Parteibuch der SPD", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstagsausgabe). "Ohne dieses wäre er immer nur ein Hetzer unter vielen gewesen."
Es werde nun Zeit, Sarrazin "dieses Privileg zu entziehen", sagte Kühnert. "Mit den Werten der SPD hat er schon lange nichts mehr am Hut."
(U.Beriyev--DTZ)