UN-Klimakonferenz geht in die Verlängerung
Hartes Ringen und eindringliche Appelle: Wegen fortbestehender Konflikte ist die UN-Klimakonferenz in Kattowitz in die Verlängerung gegangen. Am Freitagabend verhandelten die Teilnehmer weiter über die künftige Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Ein Bündnis aus Entwicklungs- und Industrieländern, dem sich auch Bundesumweltminister Svenja Schulze (SPD) anschloss, rief die Verhandler zu mehr Ehrgeiz auf. Deutsche Umweltorganisationen appellierten an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), zu einem Erfolg der Konferenz beizutragen.
Vertreter der sogenannten High Ambition Coalition (etwa Hochambitionierte Koalition) entrollten gemeinsam ein Transparent mit der Aufschrift "Zusammen für mehr Ambition". Das Bündnis habe bereits 2015 in Paris auf "ein starkes Abkommen" gedrungen, sagte Schulze. "Und heute senden wir erneut ein klares Signal."
EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete sagte, die Befunde des 1,5-Grad-Berichts des Weltklimarats IPCC erforderten, dass die Konferenzteilnehmer "keine Mühen scheuen" für ehrgeizige Beschlüsse in Kattowitz. Der Aufruf wurde von den besonders stark vom Klimawandel bedrohten kleinen Inselstaaten und anderen Entwicklungsländern unterstützt.
Zum Verhandlungsstand sagte Schulze, es werde "eine sehr, sehr lange Nacht" werden, aber sie sei "optimistisch". Mit der Vorlage eines Abschlusstext-Entwurfs in der Nacht zu Donnerstag hatte Konferenz-Präsident Michal Kurtyka die Schlussrunde eingeläutet. Allerdings gab es weiterhin ungelöste Streitpunkte.
Aus Sorge vor einem Scheitern der Konferenz reiste UN-Generalsekretär Antonio Guterres zum dritten Mal seit dem Konferenzbeginn Anfang Dezember nach Kattowitz. Er versuchte die Verhandlungen mit einer Reihe bilateraler Gespräche zu unterstützen. Der maledivische Delegationsleiter und Ex-Präsident Mohammed Nasheed mahnte: "Wir haben nicht den Luxus (zu warten), wir müssen handeln und zwar jetzt."
Germanwatch, Greenpeace Deutschland, WWF Deutschland und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) schrieben in einem gemeinsamen Appell an Kanzlerin Merkel, die Klimakonferenz in Kattowitz stehe "auf der Kippe". Die Kanzlerin müsse in dieser schwierigen Verhandlungsphase deutlich machen, dass auch sie hinter den von der SPD-Umweltministerin verkündeten "ambitionierten Zielen" stehe.
Zu den Knackpunkten in Kattowitz gehören weiterhin die Transparenzregeln im sogenannten Regelbuch. Dabei geht es darum, wie die nationalen Klimaziele der einzelnen Länder künftig eingereicht und überprüft werden. Auch der Umgang mit den Schäden und Verlusten durch den Klimawandel insbesondere in den ärmsten Ländern ist noch hoch umstritten.
"Die Anliegen der ärmsten Staaten wurden in Kattowitz von den Industriestaaten und den ölexportierenden Ländern vollkommen überrollt", kritisierte die Klima-Expertin von Brot für die Welt, Sabine Minninger. "Wir steuern ungebremst auf eine CO2-bedingte Heißzeit zu und bislang ändert diese Konferenz nichts am Kollisionskurs", erklärte der Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser.
Die BUND-Klimaexpertin Ann-Kathrin Schneider kritisierte die Verhandlungstexte als "mutlos", sie enthielten keine Ankündigungen zur Verbesserung der nationalen Klimaziele bis zum Jahr 2020.
Wie in Kattowitz schlossen sich auch in mehreren deutschen Städten Schüler einem internationalem Klima-Streik an. In Berlin versammelten sich etwa 60 bis 80 Schülerinnen und Schüler vor dem Bundestag.
Der Klimachef von WWF Deutschland, Michael Schäfer, warf der Bundesregierung vor, sich in der Klimapolitik "schizophren" zu verhalten. Während sie in Kattowitz "einen hervorragenden Job" mache, schiebe sie zu Hause den Kohleausstieg auf und blockiere in der EU ambitioniertere Klimaschutzmaßnahmen, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Die Konferenz in Kattowitz ist eine wichtige Etappe in den internationalen Klimaverhandlungen. Hier soll das Regelbuch zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens fertiggestellt werden. Die nächste UN-Klimakonferenz findet Ende kommenden Jahres in Chile statt, wie am Abend bekannt gegeben wurde. Die Zwischenverhandlungen finden in Costa Rica statt.
(U.Beriyev--DTZ)