EU-Gipfel schickt May mit unverbindlichen Brexit-Zusagen zurück nach London
Der EU-Gipfel in Brüssel hat keinen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse gefunden. Die Staats- und Regierungschefs zeigten sich im Poker um die Ratifizierung des Brexit-Abkommens mit Großbritannien hart: Zwar machten sie Premierministerin Theresa May Zusicherungen, diese blieben aber rechtlich unverbindlich. EU-Vertreter berichteten von wachsendem Unverständnis über das Brexit-Chaos in Großbritannien und über unklare Vorstellungen Mays. Die EU will sich deshalb verstärkt auf einen Austritt ohne Abkommen vorbereiten.
May kündigte zum Abschluss des Gipfels am Freitag erneute Gespräche "in den kommenden Tagen" an, um "weitere Klärungen" zu dem umstrittenen Abkommen mit der EU zu erzielen - genau dieses Ziel hatte sie ursprünglich schon auf dem nun beendeten Spitzentreffen in Brüssel erreichen wollen.
Die EU-Spitzen reagierten zurückhaltend auf Mays Ankündigung. "Ich habe kein Mandat, weitere Verhandlungen zu organisieren", sagte Ratspräsident Donald Tusk. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, bei den Gipfelberatungen sei es "glasklar" gewesen, "dass wir die Verhandlungen keinesfalls wieder aufnehmen".
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte: "Das ist verhandelt und das gilt." Es sei aber auch klar, dass die EU "keinen ungeregelten Austritt" Großbritanniens wolle.
May steht seit Monaten innenpolitisch massiv unter Druck und hatte eine Abstimmung über den Brexit-Vertrag im britischen Unterhaus wegen einer drohenden Ablehnung verschieben müssen. Die Premierministerin forderte zum Gipfelauftakt "rechtliche und politische Zusicherungen" mit Blick auf die im Austrittsvertrag festgelegte Auffanglösung für Nordirland.
Diese würde in Kraft treten, wenn sich die EU und Großbritannien in den kommenden Jahren nicht auf eine bessere Lösung einigen. Das Vereinigte Königreich bliebe dann bis auf weiteres in einer Zollunion mit der EU.
Brexit-Hardliner in Mays konservativer Partei befürchten, dass das Vereinigte Königreich auf Dauer an die EU gebunden bliebe. Sie fordern deshalb ein Enddatum für den sogenannten backstop zu Nordirland. Dies lehnt die EU aber kategorisch ab.
May bat ihre EU-Kollegen am Donnerstagabend eindringlich um Unterstützung. In ihrem Land habe sich der Eindruck verbreitet, die Nordirland-Klausel in dem Austrittsvertrag sei eine "Falle, aus der das Vereinigte Königreich nicht mehr herauskommt", sagte sie. Mit den "richtigen Zusicherungen" könne das Brexit-Abkommen im Unterhaus aber noch verabschiedet werden.
In einer Erklärung hielten die anderen EU-Chefs daraufhin fest, dass sie "Neuverhandlungen" zu dem Austrittsvertrag ausschließen. Die EU sei aber "fest entschlossen", mit London nach dem EU-Austritt im März 2019 schnell Verhandlungen über ein Abkommen zu den künftigen Beziehungen aufzunehmen, um die Auffanglösung für die irische Grenze überflüssig zu machen.
Falls die Notlösung doch kommen würde, solle sie nur "vorübergehend" und "so lange wie unbedingt erforderlich" in Kraft bleiben. All dies sind jedoch unverbindliche Absichtserklärungen, welche die Brexit-Hardliner kaum beruhigen dürften.
EU-Politiker kritisierten, May habe in Brüssel nicht ausreichend erklären können, was genau sie von den Partner erwarte. Juncker sagte, es gehe nicht an, dass London erwarte, dass die EU "die Lösungen liefert".
Die Stimmung bei den Gipfel-Gesprächen mit May sei "sehr schlecht" gewesen, hieß es aus EU-Kreisen. Merkel unterbrach die Premierministerin demnach während ihres Vortrags mehrfach und forderte sie zur Präzisierung ihrer Haltung auf.
Juncker kündigte an, die Vorbereitungen für einen Austritt ohne Abkommen nun zu intensivieren. In der kommenden Woche werde die Kommission einen Leitfaden für einen solchen harten Brexit vorlegen, sagte er.
(S.A.Dudajev--DTZ)