Kurdisch-arabisches Bündnis erobert wichtige IS-Bastion in Ostsyrien
Im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) ist einem kurdisch-arabischen Bündnis im Osten Syriens ein militärischer Erfolg gelungen: Nach monatelanger Belagerung gelang es den Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) nach Angaben von Aktivisten mit Unterstützung der US-Streitkräfte am Freitag, das Dorf Hadschin am Euphrat komplett einzunehmen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte der an der Offensive beteiligten syrischen Kurdenmiliz YPG derweil erneut mit einem Angriff.
"Nach einer Woche heftiger Kämpfe und Luftangriffe haben die SDF den IS aus Hadschin vertrieben", sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman. Damit kontrolliert die Extremistengruppe in Syrien nur noch die beiden nahe Hadschin gelegenen Dörfer Sussa und al-Schaafa sowie Teile der weitläufigen Badija-Wüste.
Die IS-Kämpfer seien bis zum Morgen aus Hadschin vollständig vertrieben worden, sagte Abdel Rahman. Bereits am Donnerstag hätten die SDF den Ort in der Provinz Deir-Essor eingenommen, doch hätten die Dschihadisten in Tunneln am Ortsrand ausgeharrt, erklärte die oppositionsnahe Beobachtungsstelle. Demnach waren 17.000 SDF-Kämpfer an der Offensive beteiligt.
Tausende Zivilisten flohen während der Kämpfe aus der Enklave am Euphrat. Mindestens 900 Dschihadisten, 500 SDF-Kämpfer und mehr als 320 Zivilisten wurden laut der Beobachtungsstelle seit Beginn der Offensive am 10. September getötet. Die in Großbritannien ansässige Organisation bezieht ihre Informationen von Aktivisten vor Ort. Für Medien sind die Angaben kaum zu überprüfen.
Erdogan bekräftigte am Freitag seine Entschlossenheit zu einer neuen Offensive auf die Kurdenmiliz YPG. "Wir sind entschlossen, die Gebiete östlich des Euphrat zu befrieden und zu sichern", sagte Erdogan in Istanbul. Die Türkei habe bereits "genug Zeit verloren hinsichtlich der Säuberung des Terrorsumpfs" und habe "keine Geduld mehr, auch nur einen weiteren Tag zu warten".
Der türkische Präsident hatte am Mittwoch angekündigt, "in einigen Tagen" eine neue Offensive gegen die YPG östlich des Euphrat zu starten. Die Türkei betrachtet die Präsenz der Gruppe an der türkischen Südgrenze als Bedrohung, da sie eng mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verbunden ist, die seit 1984 mit Gewalt gegen den türkischen Staat kämpft.
In den Kurdengebieten östlich des Euphrat sind allerdings rund 2000 US-Spezialkräfte zur Unterstützung der YPG stationiert. Im Fall einer türkischen Offensive droht daher eine direkte Konfrontation der Nato-Partner.
Inmitten der Spannungen wurde ein türkischer Soldat von YPG-Kämpfern in der nordsyrischen Region Afrin getötet, während in der Stadt Afrin vier Zivilisten bei einem Bombenanschlag starben. In der Nacht zum Freitag bombardierte die türkische Luftwaffe zudem 30 PKK-Stellungen am Berg Karadschak im Nordirak, wie das Verteidigungsministerium in Ankara mitteilte.
Die Kurdische Gemeinde Deutschland appellierte an die Staatengemeinschaft, einen "völkerrechtswidrigen Angriff" der Türkei auf die Kurden zu verhindern. "Wir Kurden sehen in diesem Vorhaben eine Gefahr für eine demokratische Lösung für Syrien und für die Kurden", erklärte der Verband. Die türkische Politik ziele darauf, "die kurdische Frage durch Vernichtung und Zerstörung" zu lösen.
(P.Tomczyk--DTZ)