Bundesrat ruft wegen Grundgesetzänderung zu Digitalpakt Vermittlungsausschuss an
Der Bundesrat hat die geplante Grundgesetzänderung für den Digitalpakt vorerst gestoppt: Die Länderkammer beschloss am Freitag einstimmig, wegen der umstrittenen Neuregelung den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit ist der Digitalpakt, mit dem der Bund die Ausstattung der Schulen mit insgesamt fünf Milliarden Euro unterstützen will, zunächst blockiert. Es ist die erste Anrufung des Vermittlungsausschusses in der laufenden Legislaturperiode.
Die Länder befürchten, dass die vom Bundestag Ende November beschlossene Grundgesetzänderung dem Bund einen zu starken Einfluss auf die Bildungspolitik ermöglicht. Zudem stören sich insbesondere die ärmeren Länder an der in dem Gesetz enthaltenen Regelung, dass bei künftigen Investitionen die Hilfen des Bundes in jeweils mindestens gleicher Höhe durch Landesmittel für den entsprechenden Investitionsbereich ergänzt werden müssen.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach sich für ein vertrauensvolles Miteinander von Bund und Ländern aus, um zu einer guten Einigung zu kommen. "Ich wünsche mir weniger Misstrauensföderalismus und stärker einen Faiplay-Föderalismus", sagte er. Günther brachte unter anderem die Möglichkeit ins Gespräch, den Digitalpakt über eine Vereinbarung zu regeln, in der sich die Länder zur entsprechenden Verwendung der Mittel verpflichten.
Besonders scharfe Kritik übte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) an der Grundgesetzänderung. Er sprach in der Debatte der Länderkammer von einem "Frontalangriff auf die föderale Ordnung". Die Länder wollten sich nicht einer "Fachaufsicht" des Bundes "unterwerfen".
Der hessische Regierungschef Volker Bouffier (CDU) wies darauf hin, dass die Mittel aus dem Digitalpakt nur einen Bruchteil der gesamten Bildungsausgaben in den Ländern ausmache. Es sei nicht sinnvoll, für ein Prozent "solche Verrenkungen" zu machen, sagte er mit Blick auf das Verhältnis zwischen bisherigen Bildungsausgaben und den Digitalpakt-Mitteln für sein Bundesland.
"Der Bund muss begreifen, dass Länder nicht seine Befehlsempfänger sind", kritisierte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) mahnte eine rasche Einigung im bevorstehenden Vermittlungsverfahren an. "Draußen ist es ziemlich egal, ob es am Bund oder den Ländern liegt."
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte generell vor Schnellschüssen bei Verfassungsänderungen. Diese müssten auf Dauer angelegt sein, sagte er in der Debatte. Er hob zudem die Stellung der Länder in der Bundesrepublik hervor: "Die Länder tragen den Bund, nicht der Bund ordnet die Länder."
Die SPD im Bund wandte sich gegen Überlegungen, den Digitalpakt ohne Grundgesetzänderung umzusetzen. "Er braucht eine verfassungsrechtliche Grundlage, weil für den Bund die unverbindliche Weitergabe von Steuermitteln nicht akzeptabel ist", sagte der SPD-Bildungsexperte Oliver Kaczmarek.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mahnte eine rasche Einigung an. "Schulen für die digitale Welt fit zu machen, ist längst überfällig", erklärte die GEW-Vorsitzende Marlis Terpe. Bund, Länder und Kommunen müssten an einem Strang ziehen.
In der rund zweistündigen Debatte meldeten sich die meisten der 16 Länderregierungschefs zu Wort. Die Anrufung des Vermittlungsausschusses hatten die Ministerpräsidenten auf ihrer Konferenz in der vergangenen Woche angekündigt. Das Vermittlungsverfahren soll im kommenden Jahr beginnen.
(A.Nikiforov--DTZ)