Nach Tod des Straßburg-Attentäters lauft Suche nach möglichen Komplizen
Nach dem Tod des mutmaßlichen Attentäters von Straßburg fahnden die französischen Ermittler nach möglichen Mittätern und Komplizen. Es gehe auch um Verdächtige, die Chérif Chekatt bei der Vorbereitung des tödlichen Angriffs auf den Straßburger Weihnachtsmarkt unterstützten oder ermutigten, sagte der Pariser Staatsanwalt Rémy Heitz am Freitag. Ein Bekenntnis der IS-Miliz zu dem Anschlag wertete Frankreichs Innenminister Christophe Castaner derweil als "völlig opportunistisch".
Der 29-jährige Chekatt hatte am Dienstagabend beim Straßburger Weihnachtsmarkt nach Erkenntnissen der Ermittler drei Menschen getötet. Ein vierter Mensch ist hirntot, mehrere weitere Opfer wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Chekatt wurde am Donnerstagabend bei seiner Festnahme von der Polizei erschossen.
Bislang wurden laut Heitz sieben Menschen im Zusammenhang mit dem Angriff auf den Weihnachtsmarkt in Polizeigewahrsam genommen. Dabei handele es sich um vier Angehörige von Chekatt sowie um drei Mitglieder seines nahen Umfelds, sagte Heitz.
Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag kurz nach dem Tod Chekatts für sich. Der 29-Jährige sei einer ihrer "Soldaten" gewesen und dem Aufruf gefolgt, Bürger aus Mitgliedstaaten der Anti-IS-Koalition in Syrien und im Irak anzugreifen.
Frankreichs Innenminister Castaner äußerte jedoch erhebliche Bedenken an dem Bekenntnis. Dieses ändere auch nichts an den Tatsachen vor Ort, sagte er. "Nichts deutet darauf hin, dass er in einem Netzwerk integriert war, nichts deutet darauf hin, dass er in diesem Rahmen besonderen Schutz erhielt." Die Untersuchungen seien allerdings noch nicht abgeschlossen.
Nach einer fieberhaften Fahndung war Chekatt am Donnerstag gegen 21.00 Uhr von Polizisten auf einer Straße im Straßburger Stadtteil Neudorf gesichtet worden. Als die Polizisten ihn festnehmen wollten, schoss er auf die Beamten. Diese erwiderten das Feuer und töteten den 29-Jährigen.
Nach Angaben aus Ermittlerkreisen hatte eine Frau am Nachmittag gemeldet, Chekatt gesehen zu haben. Anti-Terror-Kräfte durchsuchten daraufhin mit einem Großaufgebot den Stadtteil, in dem der Täter aufgewachsen war - und beendeten schließlich dessen Flucht.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron dankte den Sicherheitskräften für ihren Einsatz. "Danke an alle mobilisierten Dienste, Polizisten, Gendarmen und Soldaten", schrieb Macron im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er sicherte ein "totales Engagement" im Kampf gegen den Terrorismus zu.
An der Suche nach Chekatt waren seit Dienstag in Frankreich und Deutschland mehr als 800 Sicherheitskräfte beteiligt. In Baden-Württemberg waren nach Angaben dortiger Behörden "deutlich über hundert Beamte" im Einsatz.
Die französische Polizei veröffentlichte am Mittwoch ein Fahndungsfoto des Intensivtäters, der in Frankreich, Deutschland und der Schweiz 27 Mal verurteilt worden war und von den französischen Behörden als Gefährder eingestuft wurde.
Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe leitete im Fall Chekatt ein Verfahren wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung ein. Von dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt waren demnach auch sechs Deutsche betroffen, die zwar nicht verletzt, aber traumatisiert seien.
Der seit dem Attentat geschlossene Straßburger Weihnachtsmarkt, der normalerweise jährlich rund zwei Millionen Besucher anzieht, wurde am Freitagvormittag wieder eröffnet. Die Menschen in Straßburg wollten wieder zum Alltag zurückkehren - die Wiedereröffnung des Weihnachtsmarktes werde das "erleichtern", sagte Bürgermeister Roland Ries.
"Ich hoffe, dass das Leben jetzt wieder zur Normalität zurückkehren, aber ich bin da nicht so sicher", sagte der Händler Franck Hoffmann. "Das Geschäft wird nicht mehr so sein, wie es war."
(V.Korablyov--DTZ)