Warnungen vor einem Scheitern der UN-Klimakonferenz
Kurz vor dem offiziellen Ende der UN-Klimakonferenz in Kattowitz haben zahlreiche Teilnehmer vor einem Scheitern der Verhandlungen gewarnt. Rund 90 Entwicklungsländer erklärten am Donnerstag gemeinsam, sie seien "zutiefst besorgt" über den Verhandlungsverlauf. "Es ist jetzt Zeit, sich zu bewegen", mahnte der Konferenz-Vorsitzende Michal Kurtyka. Zuvor hatte es in einer Erklärung seines Büros geheißen, die Konferenz werde statt am Freitag womöglich "ein paar Tage" später enden.
Die vom Klimawandel besonders bedrohten kleinen Inselstaaten und die am wenigsten entwickelten Länder beklagten in einer gemeinsamen Erklärung ein "Feststecken" der Verhandlungen. Sie drangen darauf, dass alle Länder Erkenntnisse des 1,5-Grad-Berichts des Weltklimarats IPCC anerkennen und ihre Klimaziele entsprechend anpassen. Nur so könnten sie eine "Klimakatastrophe verhindern".
Die Präsidentin der Marshall-Inseln, Hilda Heine, rief alle Verhandlungsdelegationen in einer Videobotschaft auf, sich gegen ein "mittelmäßiges Ergebnis der COP24 zusammenzuschließen". "Wir diskutieren hier nicht belanglose Texte oder Satzzeichen, sondern unser Überleben", sagte der Sekretär der philippinischen Klimawandel-Kommission, Emmanuel de Guzman, in Kattowitz.
Kurtyka sagte vor dem Konferenzplenum, er sehe "konstruktives Engagement" und einen "starken Willen, einen Konsens zu erzielen". Die Verhandlungen müssten aber schneller vorankommen. "Wir haben nicht die Annehmlichkeit, Zeit zu haben, aber wir haben den Willen und die Kraft, einen Kompromiss in Kattowitz zu erzielen", beschwor Kurtyka die Delegierten.
Einige Stunden zuvor hatte es in einer Mitteilung seines Pressebüros geheißen, die nun auf höchster Ebene geführten Verhandlungen könnten "auch um ein paar Tage verlängert werden, um eine Einigung zu erzielen".
Die UN-Klimakonferenz in Kattowitz hatte am 2. Dezember begonnen, offiziell soll sie am Freitag enden. In der Vergangenheit war bei den Weltklimakonferenzen immer wieder überzogen worden. Bis Donnerstagnachmittag hatte Kurtyka eigentlich die Texte der unterschiedlichen Verhandlungsgruppen zu einem Gesamtentwurf zusammenfügen wollen. Dies gelang nicht, der Entwurf wurde nun für den späten Abend erwartet.
Am Morgen hatte sich die deutsche Delegation noch zufrieden über den Stand der Verhandlungen geäußert. Die bislang vorliegenden Texte seien "durchaus gut, aber nicht perfekt", sagte der Leiter der Abteilung Klimaschutzpolitik im Bundesumweltministerium, Karsten Sach.
In Kattowitz soll das sogenannte Regelbuch zur konkreten Umsetzung des Pariser Klimaabkommens fertiggestellt werden. Darin soll unter anderem festgeschrieben werden, wie die nationalen Klimaziele künftig formuliert, eingereicht und überprüft werden. Neben diesen Transparenzregeln sind die Finanzhilfen der Industrieländer für die Entwicklungsländer ein weiterer Knackpunkt der Verhandlungen.
Angesichts der Befunde des 1,5-Grad-Berichts des Weltklimarats IPCC stehen die Verhandler außerdem unter Druck, ihre Zusagen zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen schnell nachzubessern. Der IPCC-Bericht hatte Anfang Oktober dargelegt, dass eine Erderwärmung von mehr als 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau verheerende Folgen hätte. Abgewendet werden kann dies laut Weltklimarat nur noch durch ein schnelles und entschiedenes Umsteuern der internationalen Gemeinschaft.
Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan sagte, alle Delegationen müssten sich nun besinnen, "warum sie hier sind". Schüler aus Polen mahnten im Konferenzplenum die Delegierten, "dass wir alle, Kinder und Erwachsene, auf einem Planeten leben, dessen Schicksal davon abhängt, was Sie hier tun".
Für Freitag rief die schwedische Schülerin Greta Thunberg Schüler in aller Welt auf, nach ihrem Vorbild in einen Klima-Streik zu treten. In mehreren deutschen Städten waren Schülerproteste geplant. (A.Nikiforov--DTZ)