Großfahndung nach Straßburg-Attentäter Chekatt
Mit einem Großaufgebot fahndet die Polizei in Frankreich und Deutschland weiter nach dem Attentäter vom Straßburger Weihnachtsmarkt. In beiden Ländern suchten insgesamt mehr als 800 Sicherheitskräfte am Donnerstag nach dem mutmaßlichen Angreifer Cherif Chekatt. "Achtung, gefährliches Individuum", heißt es in dem offiziellen Fahndungsaufruf. Auch die Bundesanwaltschaft schaltete sich in die Ermittlungen gegen Chekatt ein.
In Frankreich waren nach Angaben des Innenministeriums 720 Ermittler mit der Fahndung nach dem 29-jährigen Chekatt betraut. Dabei gebe es eine enge Abstimmung mit den deutschen Behörden, hieß es.
Allein in Baden-Württemberg waren nach Angaben dortiger Behörden "deutlich über hundert Beamte" im Einsatz. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stellte 1800 Soldaten zusätzlich für den Kampf gegen den Terrorismus ab. Damit waren landesweit 8800 Kräfte mobilisiert.
Derweil erlag ein weiteres Opfer seinen schweren Verletzungen; die Zahl der Todesopfer des Anschlags vom Dienstag stieg damit auf drei, ein Verletzter ist hirntot.
Die französische Polizei veröffentlichte erstmals ein Fahndungsfoto und eine Beschreibung des Intensivtäters, der in Frankreich, Deutschland und der Schweiz auf 67 Verurteilungen kommt. Chekatt ist demnach 1,80 Meter groß und hat eine "normale Statur". Das Bild zeigt einen Mann mit dunklen Haaren und Augen und kurzem Bart.
Das Foto wurde auch von deutschen Polizeistellen per Twitter und auf Webseiten veröffentlicht. Zeugen wurden gebeten, die Notrufnummer 110 anzurufen. Die französischen Ermittler schließen nicht aus, dass er von Straßburg aus ins Ausland geflohen ist.
Die Kontrollen an den Grenzübergängen zu Deutschland wurden massiv verstärkt: Auf der Europabrücke zwischen Straßburg und der deutschen Grenzstadt Kehl durchsuchten Beamte alle Fahrzeuge. In Zügen wurden Fahrgäste kontrolliert. Auch die Schweiz verschärfte ihre Grenzkontrollen.
Einem Medienbericht zufolge war Chekatt unmittelbar vor dem Angriff aus Deutschland angerufen worden. Er sei aber nicht ans Telefon gegangen, berichtete das rbb Inforadio unter Berufung auf Sicherheitskreise. Unklar ist demnach, wer ihn anrief und warum.
Der Straßburger Weihnachtsmarkt, der normalerweise jährlich rund zwei Millionen Besucher anzieht, blieb nach dem Anschlag geschlossen. Die rund 300 Holzstände waren verriegelt. Zum Zeichen der Trauer wurde die Weihnachtsbeleuchtung in der Stadt abgeschaltet, auch am zentralen Kleber-Platz.
Dort zündeten Passanten Kerzen an und legten Blumen nieder - wie so oft nach Attentaten in Frankreich, bei denen Islamisten seit 2015 mehr als 240 Menschen getötet hatten. "Ich bin Straßburg" und "Alle vereint gegen die Barbarei", hieß es auf Zetteln, und: "Ich bin Muslim und verurteile dies mit ganzer Härte, das ist nicht der Islam."
Der Angreifer hatte am Dienstagabend gegen 20.00 Uhr in einer belebten Einkaufsgasse nahe des Münsters und des Weihnachtsmarkts das Feuer auf Passanten eröffnet und sie auch mit einem Messer angegriffen. Augenzeugen zufolge rief er dabei "Allah Akbar" ("Allah ist groß"). Bisher bekannte sich weder die Terrormiliz Islamischer Staat noch eine andere Organisation zu der Tat.
Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe leitete im Fall Chekatt ein Verfahren wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung ein, wie eine Sprecherin der Behörde dem Berliner "Tagesspiegel" sagte. Von dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt waren demnach auch sechs Deutsche betroffen, die traumatisiert sind.
Die französische Regierung rief die Protestbewegung der "Gelbwesten" nach dem Anschlag zu einem Verzicht auf Demonstrationen am Samstag auf. Ein Regierungssprecher begründete dies mit der extremen Belastung der Sicherheitskräfte. In den vergangenen Wochen war es bei Protesten zu massiven Zusammenstößen mit der Polizei gekommen.
Unter der höchsten Terrorwarnstufe könnten die Behörden Demonstrationen landesweit theoretisch verbieten. Bisher sind jedoch nur Kundgebungen in Straßburg untersagt, solange die Fahndung nach Chekatt läuft. (M.Dylatov--DTZ)