Quito: Assange könnte ecuadorianische Botschaft in London verlassen
Wikileaks-Gründer Julian Assange könnte nach Auffassung der ecuadorianischen Regierung nach mehr als sechs Jahren die Botschaft des südamerikanischen Landes in London verlassen. "Die Bedingungen sind erfüllt, dass Herr Assange die Entscheidung trifft, in Beinahe-Freiheit (die Botschaft) zu verlassen", sagte der ecuadorianische Präsident Lenín Moreno am Donnerstag vor Journalisten in Quito. Großbritannien habe zugesichert, ihn nicht in ein Land auszuliefern, in dem ihm der Tod drohe.
Er sage "Beinahe-Freiheit", weil Assange sich noch nicht der britischen Justiz gestellt habe, sagte Moreno. Aber für das, was ihm vorgeworfen werde - der Verstoß gegen Auflagen seiner Freilassung auf Kaution - werde er keine lange Gefängnisstrafe bekommen, zeigte sich Moreno überzeugt. Die britische Regierung habe schriftlich zugesichert, dass die Gesetze von Großbritannien "nicht die Auslieferung in ein Land erlauben, in dem sein Leben in Gefahr ist".
Ihm gefalle die Präsenz Assanges in der Botschaft nicht, sagte Moreno. Sechs Jahre seien "zu lang für einen Menschen, um in einer Botschaft eingesperrt zu sein". Es müsse eine Lösung gefunden werden.
Der heute 47-jährige Australier war 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflohen, um einer Auslieferung an Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen zu entgehen. Assange befürchtete, dass ihn Schweden weiter an die USA ausliefern könnte - wo ihm möglicherweise wegen der brisanten Wikileaks-Enthüllungen die Todesstrafe drohen würde. Die Stockholmer Staatsanwaltschaft legte den Fall im Mai 2017 Jahr zu den Akten. Doch besteht nach wie vor ein britischer Haftbefehl, weil Assange 2010 gegen Auflagen der Justiz verstoßen haben soll.
In den USA ist Assange bereits angeklagt, wie im November bekannt wurde. Über den Inhalt der Anklage wurde aber noch nichts bekannt. Die von Assange gegründete Internet-Plattform Wikileaks hatte 2010 hunderttausende geheime Dokumente aus der Kommunikation von US-Botschaften veröffentlicht, darunter über das Vorgehen der US-Streitkräfte im Irak und in Afghanistan. Assange befürchtet deswegen, dass ihm in den USA ein Prozess wegen Geheimnisverrats und womöglich sogar die Todesstrafe drohen könnte.
(V.Korablyov--DTZ)