Generalanwalt hält einseitige Rücknahme von Brexit-Erklärung für möglich
In einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) um die Brexit-Erklärung hat der zuständige Generalanwalt die Ansicht vertreten, dass Großbritannien die Erklärung einseitig zurücknehmen kann. Er schlug dem Gericht am Dienstag in Luxemburg vor, in einem Urteil festzustellen, dass Artikel 50 des EU-Vertrags zum Austritt aus der Union dies zulasse. Wann eine Entscheidung fällt, blieb zunächst unklar. (Az. C-621/18)
Die Möglichkeit einer Rücknahme der Brexit-Erklärung bestehe bis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Austrittsabkommens, zeigte sich Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona überzeugt. Aus seiner Sicht wäre es demnach auch unvereinbar mit Artikel 50 des EU-Vertrags, die Rücknahmemöglichkeit von einem einstimmigen Beschluss des Europäischen Rats abhängig zu machen.
Campos Sánchez-Bordona wies zudem die von der britischen Regierung vertretene Auffassung zurück, die dem EuGH vorgelegte Frage zur Möglichkeit einer Rücknahme der Brexit-Erklärung sei unzulässig. Die Frage sei "weder rein akademisch noch verfrüht oder überflüssig", sondern habe "offenkundig praktische Bedeutung". Der Gerichtshof sei zudem für die definitive und einheitliche Auslegung von Artikel 50 zuständig.
Abgeordnete des schottischen, des britischen und des Europaparlaments wollen wissen, ob Großbritannien seine Brexit-Erklärung ohne Zustimmung der anderen EU-Mitgliedstaaten zurücknehmen kann. Das oberste schottische Zivilgericht legte den Fall dem EuGH vor.
Das britische Parlament stimmt am 11. Dezember über den mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag ab. Premierministerin Theresa May droht dabei eine Abstimmungsniederlage. Würde der EuGH die Möglichkeit der einseitigen Rücknahme der Brexit-Erklärung bejahen, könnte dies für einige Abgeordnete ein weiteres Argument sein, gegen die Vereinbarung zu stimmen.
(A.Nikiforov--DTZ)