May weist Trumps Kritik an Brexit-Deal zurück
Die britische Premierministerin Theresa May und US-Präsident Donald Trump sind uneins in der Bewertung des Brexit-Abkommens. Trump kritisierte den zwischen Brüssel und London ausgehandelten Vertrag am Montag (Ortszeit) in Washington als mögliches Hindernis für das anvisierte US-britische Handelsabkommen. May widersprach dem Präsidenten: Ihr Land werde in Handelsfragen unabhängig sein und könne mit jedem Land der Welt Handelsabkommen schließen, stellte sie in Wales klar.
Mit seiner Reaktion auf den Brexit-Deal hatte Trump der Premierministerin einen öffentlichen Dämpfer versetzt: Das Austrittsabkommen sei offenbar "ein guter Deal für die EU", sagte er am Montag im Weißen Haus. "So wie der Vertrag aussieht, könnten sie nicht befugt sein, mit uns zu handeln."
Er gehe davon aus, dass die Premierministerin dies nicht gewollt habe, fügte Trump hinzu. "Und hoffentlich kann sie da etwas tun". Der US-Präsident sympathisiert mit den Brexit-Hardlinern in Großbritannien. Diese wollen - anders als in dem Abkommen festgelegt - einen klaren Bruch mit der EU.
Ein Sprecher Mays wies die Kritik aus dem Weißen Haus umgehend zurück. Später äußerte sich die Premierministerin selbst: "Wir werden eine unabhängige Handelspolitik haben und wir werden Handelsabkommen mit Staaten in aller Welt aushandeln können", sagte sie bei einem Auftritt im walisischen Builth Wells, wo ihre Werbetour für das Brexit-Abkommen begann. "Was die Vereinigten Staaten angeht, haben wir mit ihnen bereits über die Art einer Vereinbarung gesprochen, die wir später haben könnten."
Künftig werde darüber nicht mehr in Brüssel bestimmt werden, sagte May. "Wir werden die Kontrolle darüber haben und wir werden Vereinbarungen treffen, die unseren Wohlstand steigern, unsere Wirtschaft ankurbeln und Jobs nach Großbritannien bringen."
Mays Sprecher zufolge gibt es derzeit keine Pläne für ein bilaterales Treffens Mays und Trumps am Rande des G20-Gipfels in Argentinien am kommenden Wochenende.
Die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden 27 EU-Länder hatten die nach 17-monatigen Verhandlungen vorgelegte Vereinbarung zum EU-Austritt Großbritanniens Ende März 2019 am Sonntag gebilligt. Das Abkommen sieht eine Übergangsphase bis mindestens Ende 2020 vor, in der Großbritannien im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleibt.
Am 11. Dezember soll das britische Unterhaus über den Austrittsvertrag abstimmen. Dabei dürfte es für May eng werden: Sowohl in ihrer eigenen Minderheitsregierung als auch in den Reihen der Opposition lehnen viele den Vertrag ab. May hatte am Montag in einer Rede vor dem Unterhaus gesagt, es gebe keinen besseren Vertrag. Auf einer Werbetour durch das Land will sie nun die Öffentlichkeit davon überzeugen.
Mit dem Chef der oppositionellen Labour-Partei will May in einer Fernsehdebatte über das Abkommen diskutieren. Dieser hatte am Montag im Unterhaus zur Ablehnung des Vertrags aufgerufen und ihn als einen "Akt nationaler Selbstverletzung" bezeichnet. Die TV-Debatte könnte am 9. Dezember stattfinden.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) begann am Dienstag mit der Prüfung der Frage, ob die Austrittserklärung einseitig von Großbritannien wieder rückgängig gemacht werden könnte. Die von einem schottischen Gericht nach Luxemburg weitergeleitete Rechtssache geht auf einen Antrag schottischer Abgeordneter zurück. In Schottland hatte eine Mehrheit der Bürger bei dem Referendum 2016 gegen den Brexit gestimmt.
(V.Korablyov--DTZ)