Deutsche Tageszeitung - Kölner Adil Demirci weist bei Prozessauftakt in Istanbul Vorwürfe zurück

Kölner Adil Demirci weist bei Prozessauftakt in Istanbul Vorwürfe zurück


Kölner Adil Demirci weist bei Prozessauftakt in Istanbul Vorwürfe zurück
Kölner Adil Demirci weist bei Prozessauftakt in Istanbul Vorwürfe zurück / Foto: ©

Der Kölner Sozialarbeiter und Journalist Adil Demirci hat bei seinem Prozessauftakt in der Türkei am Dienstag den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zurückgewiesen. Der 32-jährige freie Mitarbeiter der linken türkischen Nachrichtenagentur Etha bestätigte vor Gericht in Istanbul zwar die Teilnahme an Beerdigungen von Kämpfern gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS), bestritt aber eine Mitgliedschaft in einer "Terrororganisation".

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Er habe an den Trauerfeiern teilgenommen, weil die Getöteten gegen die IS-Miliz gekämpft hätten, sagte Demirci. Er sei in den vergangenen Jahren wiederholt ohne Probleme in die Türkei ein- und ausgereist, doch als er im April zum Urlaub mit seiner krebskranken Mutter nach Istanbul gekommen sei, sei er am Tag vor seiner Abreise in der Wohnung seiner Großeltern festgenommen worden.

Sein Anwalt Mustafa Peköz warf der Anklage vor, keine Beweise für ihre Vorwürfe vorgelegt zu haben. "Die Staatsanwaltschaft muss Beweise erbringen, dass mein Mandant als Mitglied in einer verbotenen terroristischen Vereinigung tätig ist", sagte Peköz. Diese Vorwürfe seien "für unser Land eine Schande" und den Beobachtern aus Deutschland nicht zu erklären.

Die Linken-Abgeordnete Heike Hänsel, die zusammen mit dem SPD-Abgeordneten Rolf Mützenich und dem deutschen Generalkonsul Michael Reiffenstuel das Verfahren beobachtete, äußerte scharfe Kritik an dem Prozess. "Das juristische Vorgehen gegen Adil Demirci ist ähnlich konstruiert wie die Anklage gegen die deutsche Journalistin Mesale Tolu", sagte Hänsel.

Auch Tolu hatte für Etha gearbeitet und vergangenes Jahr mehrere Monate in Untersuchungshaft verbracht, bevor sie im Dezember freigelassen wurde und im August schließlich ausreisen konnte. An dem Prozess am Dienstag nahm auch ihr Mann Suat Corlu teil, der ebenfalls lange in U-Haft gesessen hatte. Erst im Oktober war seine Ausreisesperre aufgehoben worden.

Der Kölner Buchautor und Journalist Günter Wallraff kritisierte das Verfahren als völlig unbegründet. "Es gibt keinen Grund, dass man diesen Menschen hier einsperrt", sagte Wallraff über Demirci. "Der einzige Grund ist, andere Menschen davon abzuschrecken, ihre Meinung zu sagen." Er habe als Journalist "akribisch" zu dem Fall recherchiert, doch es sei "nichts dran".

Demirci soll in den Jahren 2013, 2014 und 2015 an Beerdigungen von Mitgliedern der linksextremen MLKP und der kurdischen YPG teilgenommen haben, die bei Polizeirazzien in Istanbul und im Kampf gegen die IS-Miliz in Syrien getötet worden waren. Der Kölner wird selbst der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verdächtigt. Mit ihm sind 22 weitere Menschen angeklagt.

Die Unterstützer Demircis hoffen, dass bei dem Prozessauftakt am Dienstag seine U-Haft aufgehoben und ihm die Ausreise erlaubt wird. Allerdings waren in den vergangenen drei Monaten drei Deutsche wegen Terrorvorwürfen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden, zuletzt der Gießener Patrick Kraicker und die kurdischstämmige Sängerin Hozan Cane aus Köln.

"Die Journalisten werden in der Geiseldiplomatie mit gewissen Ländern zur Verhandlungsmasse", sagte die Journalistin Ebru Yigit bei einer Protestkundgebung vor dem Prozessbeginn. "Binationale Journalisten werden von dieser Regierung in ihrer Außenpolitik als Tauschgeld benutzt."

(S.A.Dudajev--DTZ)

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