Italien fordert Beschlagnahmung von Rettungsschiff "Aquarius"
Das Flüchtlings-Rettungsschiff "Aquarius" soll nach dem Willen der italienischen Justiz beschlagnahmt werden. Die Behörden hätten die Zwangsmaßnahme wegen angeblicher Fehler bei der Entsorgung von Bordabfällen angeordnet, teilte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen am Dienstag mit. Der Staatsanwaltschaft im sizilianischen Catania zufolge handelt es sich um Hygieneartikel, Kleidungsstücke von Flüchtlingen und Lebensmittelreste, die in italienischen Häfen entsorgt worden sein sollen. Ärzte ohne Grenzen verurteilte die Maßnahme "aufs Schärfste" und kündigte Widerspruch gegen die Entscheidung an.
Derzeit liegt die "Aquarius" im südfranzösischen Hafen Marseille. Panama hatte dem Schiff nach einer Beschwerde aus Italien die Flagge entzogen. "Angesichts eines weiteren politisch motivierten Angriffs erwarten wir von den französischen Behörden, dass sie die Umsetzung dieser Entscheidung gründlich überdenken", erklärte die Hilfsorganisation SOS Méditerranée, die das Schiff gemeinsam mit Ärzte ohne Grenzen betreibt, zu der italienischen Justizentscheidung. "Dies ist Kriminalisierung von humanitärer Hilfe auf See", erklärte Frédéric Penard, Geschäftsführer von SOS Méditerranée.
Die Vorwürfe der illegalen Müllentsorgung treffen auch ein zweites Schiff von Ärzte ohne Grenzen, die "Vos Prudence". Die Staatsanwaltschaft wirft den Betreibern vor, 24 Tonnen mutmaßlichen Sondermülls als normalen Müll ausgegeben zu haben. Konten von Ärzte ohne Grenzen in Italien wurden gesperrt.
Ärzte ohne Grenzen wies die Vorwürfe aus Italien zurück: "Bei allen Aktivitäten im Hafen, inklusive der Müllbeseitigung von den Rettungsschiffen, hat Ärzte ohne Grenzen immer die Standardverfahren eingehalten", hieß es in einer Mitteilung. Die zuständigen Behörden hätten die Verfahren nie beanstandet, die Anschuldigungen seien "unzutreffend und irreführend". Die Hilfsorganisation werde deshalb Widerspruch beim italienischen Berufungsgericht einlegen.
"Das einzige Verbrechen, das wir heute im Mittelmeer sehen, ist die vollständige Demontage des Such- und Rettungswesens", kritisierte die Organisation.
Italiens Innenminister Matteo Salvini von der rechtsextremen Lega-Partei fühlte sich durch die Entscheidung in seinem harten Kurs gegen Hilfsorganisationen im Mittelmeer bestätigt. Es sei richtig gewesen, die Schiffe der NGOs zu blockieren, sagte Salvini. "Ich habe nicht nur den Transport illegaler Einwanderer gestoppt, sondern auch den giftiger Abfälle".
Von der Bundesregierung forderte SOS Méditerranée, "der Diffamierung von Hilfsorganisationen ein Ende zu setzen und ihrer eigenen humanitären Verantwortung im Mittelmeer endlich nachzukommen".
Ärzte ohne Grenzen hat nach eigenen Angaben in den vergangenen drei Jahren mit fünf Schiffen mehr als 80.000 Menschen im Mittelmeer gerettet.
(V.Sørensen--DTZ)