Istanbul: Nach Festnahme von 14 Intellektuellen in der Türkei acht wieder auf freiem Fuß
Einen Tag nach der Festnahme von 14 Kulturschaffenden, Wissenschaftlern und Menschenrechtsaktivisten in der Türkei sind acht von ihnen wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Die acht Hochschuldozenten und Vertreter der Zivilgesellschaft seien am Samstag nach ihrer Befragung durch die Polizei freigelassen worden, berichtete die Nachrichtenagentur DHA. Die sechs übrigen Festgenommenen würden weiterhin befragt. Gegen alle 14 Beschuldigten wurde der Vorwurf, "Chaos" verbreitet zu haben, aufrechterhalten.
Zur Identität der Freigelassenen machte die DHA keine Angaben. Nach Angaben der Europäischen Mathematischen Gesellschaft zählte ihre Vize-Präsidentin Betül Tanbayp dazu, die an der renommierten Bosporus-Universität in Istanbul Mathematik lehrt. Der Fernsehsender NTV berichtete, auch der auf Menschenrechte spezialisierte Jura-Professor Turgut Tarhanli von der privaten Bilgi-Universität sei nach seiner Festnahme wieder frei.
Am Freitag waren 14 von insgesamt 20 Haftbefehlen gegen Menschen aus dem Umfeld der Organisation Anadolu Kültür des renommierten Kulturmäzens Osman Kavala vollstreckt worden. Die Razzia stieß in Europa und den USA auf Kritik.
Die regierungskritische Zeitung "Cumhuriyet" berichtete unter Berufung auf eine Polizeimitteilung, Kavala und seinen Mitarbeitern werde vorgeworfen, durch die finanzielle und organisatorische Unterstützung der Gezi-Proteste im Sommer 2013 versucht zu haben, Anarchie und Chaos zu verbreiten, um dem gewaltsamen Sturz der Regierung den Boden zu bereiten. Seitdem würden sie versuchen, ähnliche Proteste zu organisieren.
Die Razzia erfolgte gut ein Jahr nach der Festnahme von Kavala, der bis heute ohne Anklage in U-Haft sitzt. Nach Angaben seiner Anwälte wird er verdächtigt, die Gezi-Proteste finanziert sowie den gescheiterten Militärputsch von Juli 2016 unterstützt zu haben. Seine Organisation will durch Kulturprojekte zur Verständigung zwischen den Volksgruppen in der Türkei beitragen. Sie kooperiert mit vielen internationalen Organisationen, darunter dem Goethe-Institut.
Die Gezi-Proteste hatten sich im Mai 2013 an Plänen zur Bebauung des kleinen Gezi-Parks im Zentrum von Istanbul entzündet. Nach einem gewaltsamen Einsatz der Polizei gegen Umweltschützer, welche die Grünanlage am symbolträchtigen Taksim-Platz besetzt hatten, weiteten sich die Proteste rasch aus. Der damalige Regierungschef und heutige Präsident Recep Tayyip Erdogan wertete die Proteste als Umsturzversuch und ließ sie brutal niederschlagen. (U.Stolizkaya--DTZ)