Kubaner beenden Debatte über Verfassungsreform
In Kuba ist das Sammeln von Vorschlägen und Ansichten der Bevölkerung zur anstehenden Verfassungsreform am Donnerstag beendet worden. Zwei der am meisten diskutierten Themen waren das stärkere privatwirtschaftliche Engagement und die gleichgeschlechtliche Ehe. Die Debatten in den Stadtteilen, Betrieben und Universitäten hatten Mitte August begonnen.
Bei der Aussprache ging es um die Ergänzung eines von der Nationalversammlung im Juli vorgestellten Verfassungsentwurfs. In den kommenden Wochen wird eine Expertenkommission der Kommunistischen Partei eine überarbeitete Fassung vorlegen. Danach befasst sich das Parlament damit und stimmt im Dezember darüber ab. Im Februar gibt es dann einen Volksentscheid über die Endfassung der neuen Verfassung. Kubas derzeitige Verfassung stammt aus dem Jahr 1976. Sie wurde seither drei Mal geändert.
Homero Acosta, Sekretär des Staatsrats und einer der Hauptarchitekten des Projekts, äußerte sich im staatlichen Fernsehen zufrieden über den Verlauf der Massendebatte. Nach seinen Angaben nahmen von insgesamt elf Millionen Einwohnern 7,4 Millionen Menschen daran teil. "Das Volk kann stolz darauf sein, eine neue Verfassung erarbeitet zu haben", sagte er.
Der Verfassungsrechtler Julio Antonio Fernández stellte dagegen fest, "aktiv" hätten sich nur etwas mehr als eine Million Menschen beteiligt. Die "Passivität" sei groß gewesen. Eigene Vorschläge für Verfassungsänderungen oder -ergänzungen seien nur von etwas mehr als 27.000 Diskutanten gekommen.
Zum einen hänge das mit der Furcht zusammen, sich öffentlich zu äußern, sagte Fernández. Außerdem sei das Ergebnis der Befragung nicht bindend. Die Möglichkeit zu offenen Stellungnahmen in einer eher geschlossenen Gesellschaft wie Kuba sei dennoch als Fortschritt zu werten.
Besonders umstritten war der künftige Artikel 68 der Verfassung. Darin wird die Ehe als Vereinigung "zweier Personen" statt wie bisher zwischen Mann und Frau definiert. Dieser Artikel bahnt der gleichgeschlechtlichen Ehe den Weg und trifft unter anderem auf den Widerstand der katholischen Kirche.
Homosexualität war auf der Karibikinsel nach der Revolution von 1959 lange Zeit tabu. Sexuelle Minderheiten wurden stigmatisiert, Homosexuelle angefeindet, in "Umerziehungslager" gesteckt und vom öffentlichen Dienst ausgeschlossen. Der 2016 gestorbene Revolutionsführer Fidel Castro entschuldigte sich später dafür.
Bei der Verfassungsdebatte ging es auch um die von Ex-Präsident Raúl Castro ab 2011 eingeleitete vorsichtige Öffnung der zentral gesteuerten Staatswirtschaft. Sie ermöglichte vielen Kubanern den Aufbau kleiner privater Dienstleistungsunternehmen und Restaurants. Durch die Aufnahme in die Verfassung sollen diese Reformen rechtlich abgesichert und aufgewertet werden. In dem Verfassungsentwurf ist von Privatinvestitionen als "wichtigem Element zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes" die Rede.
Die Direktwahl des Staatsoberhaupts war ein weiteres Anliegen in den Diskussionen. Raúl Castro hatte das Präsidentenamt im April an Miguel Díaz-Canel übergeben, blieb aber Generalsekretär der Kommunistischen Partei. Díaz-Canel zeigte sich unter anderem damit "einverstanden", dass "jegliche Diskriminierung beendet werden müsse.
(I.Beryonev--DTZ)