Italien im Streit um Haushaltspläne absolut unnachgiebig
Italien fordert im Streit um seine Haushaltspläne offen die EU-Kommission heraus. Vize-Regierungschef Luigi Di Maio kündigte am Dienstagabend kurz vor Ablauf einer von der EU gesetzten Frist an, den Haushalt nicht zu verändern: "Das Budget ändert sich nicht, weder in seinen Bilanzen, noch in den Wachstumsprognosen." Die Regierung in Rom lehnt damit von der EU geforderte Nachbesserung ihres Haushaltsentwurfs ab und riskiert ein Defizitverfahren.
"Wir sind der Überzeugung, dass dies der Haushalt ist, den das Land braucht, um wieder in Gang zu kommen", sagte Di Maio nach einer Kabinettssitzung in Rom. Ziel sei es aber, ein Defizit von 2,4 Prozent nicht zu überschreiten, beteuerte der Chef der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung. Zugleich beschloss die Regierung Schutzklauseln, um die Ziele einzuhalten. Geplant ist ein automatischer Kontrollmechanismus sowie ein Verkauf von Staatsimmobilien.
Vor der Kabinettssitzung hatte Innenminister Matteo Salvini von der fremdenfeindlichen Lega-Partei gesagt, der Haushalt solle "mehr Beschäftigung, mehr Rentenansprüche und weniger Steuern" ermöglichen. "Wenn das Europa passt, um so besser. Wenn es Europa nicht passt, werden wir trotzdem weitermachen."
Die EU-Kommission hatte im Oktober in dem Fall erstmals überhaupt den Haushaltsentwurf eines Mitgliedsstaates zurückgewiesen. Brüssel rief Italien auf, bis Dienstag einen nachgebesserten Haushaltsentwurf vorzulegen. Die Kommission kritisiert, dass Italiens Neuverschuldung für 2019 drei Mal so hoch liegt wie von der Vorgängerregierung mit Brüssel vereinbart. Rom droht nun ein Defizitverfahren, das zu hohen Geldbußen oder zur Kürzung von EU-Hilfen führen könnte.
Die seit Juni amtierende italienische Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega-Partei will den Sparkurs trotz einer bereits sehr hohen Gesamtverschuldung von 131 Prozent der Wirtschaftsleistung beenden. Sie will mit ihrem Haushaltsentwurf unter anderem die Einführung eines Grundeinkommens und die Möglichkeit eines früheren Renteneintritts finanzieren.
Rom visiert ein Defizit von 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr und von 2,1 Prozent 2020 an. Die EU-Kommission geht dagegen davon aus, dass die im Haushalt vorgesehenen Maßnahmen zu einer deutlich höheren Neuverschuldung führen dürften. Demnach könnte das Defizit 2019 bei 2,9 Prozent liegen und 2020 auf 3,1 Prozent anwachsen. Die EU-Defizit-Obergrenze liegt bei 3,0 Prozent. Die EU-Kommission rechnet zudem mit einem deutlich niedrigeren Wirtschaftswachstum (1,2 Prozent) als die italienische Regierung (1,5 Prozent).
Im Haushaltsstreit hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag im EU-Parlament in Straßburg angekündigt, Italien die "Hand reichen" zu wollen. Zugleich forderte Merkel Italien zur Einhaltung der Regeln auf, die das Land selbst mit beschlossen habe. "Wir können auch nicht einfach sagen, das interessiert uns jetzt nicht." (A.Nikiforov--DTZ)