Einsatz israelischer Spezialeinheit im Gazastreifen heizt Spannungen an
Bei einem Einsatz israelischer Spezialkräfte im Gazastreifen sind am Sonntag sieben Palästinenser und ein israelischer Offizier getötet worden. Die israelische Armee erklärte, bei einem "Schusswechsel" im Süden des Gazastreifens nahe der Stadt Chan Junis sei ein Oberstleutnant getötet und ein weiterer Offizier leicht verletzt worden. Nach palästinensischen Angaben war unter den getöteten Palästinensern ein Kommandeur der Essedin-al-Kassam-Brigaden, des bewaffneten Arms der radikalislamischen Hamas.
Die Kassam-Brigaden erklärten, die israelischen Soldaten seien in einem Zivilfahrzeug in den Gazastreifen eingedrungen. Die im Gazastreifen herrschende Hamas sprach von einem "feigen israelischen Angriff". Laut palästinensischen Sicherheitskreisen flog Israel auch Luftangriffe. Ob die Palästinenser dabei oder bei dem Schusswechsel getötet wurden, ging aus den Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza-Stadt zunächst nicht hervor.
Eine Bodenoperation israelischer Soldaten im Gazastreifen ist ein relativ seltener Vorgang - und dürfte die Spannungen in der Region weiter verschärfen. Der israelischen Armee zufolge nahmen die Soldaten an einer "Geheimdienstoperation" teil. Die Streitkräfte bestritten zugleich Angaben der Hamas, wonach bei dem Einsatz Palästinenser ermordet oder gefangengenommen werden sollten.
Nach dem Schusswechsel wurden aus dem Gazastreifen 17 Raketen in Richtung Israel abgefeuert. Davon fing die israelische Armee drei ab, wie die Armee erklärte. Im Süden Israels ertönten Warnsirenen. Opfer gab es nicht.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beendete nach dem Vorfall vorzeitig einen Besuch in Paris. Wegen der Sicherheitslage im Süden des Landes habe Netanjahu sich entschieden, den Besuch abzubrechen und noch am Abend nach Israel zurückzukehren, erklärte sein Büro. Am Montag sollte unter seinem Vorsitz das Sicherheitskabinett zusammentreten.
Netanjahu hatte sich zum Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren in der französischen Hauptstadt aufgehalten. Er sollte eigentlich am Montag den französischen Präsidenten Emmanuel Macron treffen.
Der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman führte nach Angaben seines Büros Beratungen im militärischen Hauptquartier.
Seit rund einem halben Jahr herrschen verstärkte Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern im Gazastreifen. An der Grenze kommt es seit Ende März immer wieder zu antiisraelischen Protesten, die meist in blutige Zusammenstöße mit Soldaten münden. Dabei wurden mehr als 220 Palästinenser getötet.
Ein israelischer Soldat wurde an der Grenze zum Gazastreifen getötet, mit dem Gefecht vom Sonntag stieg die Zahl der getöteten israelischen Soldaten auf zwei.
In den vergangenen Tagen waren die UNO und Ägypten mit ihren Bemühungen vorangekommen, einen Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel auszuhandeln. Ein solches Abkommen würde ein Ende der palästinensischen Proteste im Tausch gegen eine Lockerung der israelischen Blockade des Palästinensergebiets bedeuten.
Außerdem bekamen Staatsdiener im Gazastreifen mit Zustimmung Israels Gehälter ausbezahlt. Das Geld stammt aus dem Emirat Katar und soll zum Abbau der Spannungen in der palästinensischen Enklave beitragen. Nach Angaben der örtlichen Behörden sollen innerhalb von sechs Monaten auf diese Weise insgesamt 90 Millionen Dollar (79 Millionen Euro) ausgezahlt werden. Die Hamas ist in Geldnot und hat Schwierigkeiten, die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu bezahlen.
(M.Dylatov--DTZ)