Merkel und Macron erinnern an symbolträchtigem Ort an Waffenstillstand von 1918
Hundert Jahre nach dem Waffenstillstand im Ersten Weltkrieg haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an einem hochsymbolischen Ort des Endes des Blutvergießens gedacht: Beide besuchten am Samstag gemeinsam die Waldlichtung bei Compiègne nordöstlich von Paris, auf der die Deutschen am 11. November 1918 den Waffenstillstand mit den Alliierten unterzeichnet und damit ihre Kapitulation besiegelt hatten. Es war das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass ein deutscher Regierungschef diesen Ort besuchte.
Merkel und Macron gedachten schweigend der geschätzt zehn Millionen Toten des Ersten Weltkriegs, Reden gab es nicht. In der nationalen Gedenkstätte bei Compiègne legten sie einen Kranz nieder und weihten eine Gedenkplakette ein, welche die "Bedeutung der deutsch-französischen Aussöhnung im Dienste Europas und des Friedens" würdigt.
Besonders symbolträchtig war der Eintrag der beiden in das Goldene Buch der Gedenkstätte: Dafür begaben sich Merkel und Macron in einen Nachbau des Eisenbahnwaggons, in dem der alliierte Oberkommandeur Ferdinand Foch den Deutschen 1918 die Friedensbedingungen überbracht hatte. Nach dem deutschen Einmarsch in Frankreich 1940 ließ Adolf Hitler den selben Waggon auf die Lichtung schaffen und diktierte den Franzosen dort persönlich die Kapitulation. Aus Macrons Umfeld hieß es, der "Ort der Revanche" werde durch den gemeinsamen Besuch mit Merkel zum Ort der "abschließenden Versöhnung" zwischen beiden Ländern.
Der historische Eisenbahnwaggon war von den Nazis später nach Deutschland gebracht und im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Heute ist die Lichtung bei Compiègne ein Gedenkort. Dort ist der Nachbau des Waggons zu sehen.
Merkel und Macron diskutierten nach der Zeremonie mit jungen Leuten. Frankreichs Präsident erinnerte dabei an die Überzeugung der damaligen Kriegsgeneration: "Nie wieder!" Er rief zu innereuropäischer Zusammenarbeit und mahnte angesichts eines erstarkten Nationalismus, sich nicht spalten zu lassen.
Die Feierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren ziehen sich über das gesamte Wochenende. Höhepunkt ist am Sonntag in Paris eine große Gedenkzeremonie am Pariser Triumphbogen, bei der Macron eine Rede hält. Dazu hat der französische Präsident rund 70 Staats- und Regierungschefs eingeladen, darunter auch US-Präsident Donald Trump, Russlands Präsident Wladimir Putin und den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Als Zeichen der Versöhnung sollen alle Spitzenpolitiker jeweils symbolisch eine Hand auf die Schulter ihres Nachbarn legen.
Macron hatte Trump bereits am Samstagvormittag zu einem Vier-Augen-Gespräch im Elysée-Palast empfangen. Vor dem Treffen übte Trump scharfe Kritik an Macrons Vorschlag für eine europäische Armee. Der US-Präsident nannte es "sehr beleidigend", dass Macron dies auch als Schutz gegen die USA angepriesen habe. Macron bemühte sich darum, die Wogen wieder zu glätten und unterstützte bei dem Treffen in Paris Trumps Forderung, dass die Europäer innerhalb der Nato mehr Lasten übernehmen sollten.
In Paris waren die Staats- und Regierungschefs am Samstag bereits zu einem Abendessen geladen. Merkel soll am Sonntag auch zum Mittagessen im Elysée-Palast sein. Am Sonntagnachmittag eröffnet Merkel gemeinsam mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres das sogenannte Friedensforum in Paris, eine dreitägige Diskussionsveranstaltung zu Themen wie Frieden, Umweltschutz und Entwicklungshilfe. Merkel dürfte in ihrer Rede die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit betonen. Trump nimmt an dem Forum nicht teil, er sieht Multilateralismus kritisch.
(A.Nikiforov--DTZ)