DGB und VdK gegen Spahns Forderung nach höheren Sozialbeiträgen für Kinderlose
Gewerkschaften und Sozialverbände sind entschieden gegen die Forderung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Kinderlose bei den Sozialbeiträgen stärker zur Kasse zu bitten. Die Unterstützung von Eltern sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Wochenende. Kritik kam auch vom VdK. Spahn verteidigte in der "Bild"-Zeitung (Samstagsausgabe) seinen Vorstoß. "Ich bleibe dabei: Eltern mit Kindern müssen in der Sozialversicherung mehr entlastet werden."
Buntenbach sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag: "Wer Kinder erzieht, hat Anspruch auf Unterstützung, keine Frage. Und da ist gerade in Deutschland noch viel Luft nach oben. Aber das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und damit eine Aufgabe aller Steuerzahler." Sie forderte zugleich, das Solidarsystem als Bürgerversicherung auszuweiten, "auch auf Abgeordnete und Menschen, die von Kapitaleinkünften leben können und die zur Solidargemeinschaft derzeit nichts beitragen müssen".
"Mit vollen Taschen ist gut schenken", kritisierte die Gewerkschafterin Spahn persönlich. "Hier bestraft jemand, der selbst qua Gesetz gar kein Mitglied der Pflichtversicherung ist, diejenigen, die über ihre Sozialversicherungsbeiträge eh schon in die Solidargemeinschaft einzahlen."
Auch die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, Verena Bentele, lehnte höhere Pflege- und Rentenbeiträge für kinderlose Versicherte ab: "Das ist nicht zielgenau und nicht zielführend", sagte sie der Zeitung. Kinderlose müssten schon nach geltendem Recht im Gegensatz zu Eltern beim Pflegeversicherungsbeitrag einen Zuschlag von 0,25 Prozentpunkten entrichten. Eine höhere Belastung sei keine geeignete Maßnahme zur Entlastung von Familien in der Erziehungsphase.
Die VdK-Präsidentin forderte stattdessen, den steuerfinanzierten Familienleistungsausgleich auszubauen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Auch mit Blick auf die Renten plädierte Bentele für eine steuerliche Lösung: "Höhere Einkommen von Kinderlosen können zielgerichteter über das Steuerrecht herangezogen werden, da dieses die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfasst."
Spahn, der sich derzeit für den CDU-Vorsitz bewirbt, begründete in der "Bild"-Zeitung seine Forderung nach mehr Entlastung für Eltern: "Sie ziehen für uns alle die Beitragszahler von morgen groß." Rückendeckung bekam er aus der Unionsfraktion. CDU-Finanzexperte Sepp Müller sagte der Zeitung zu dem Vorstoß: "Bitte lieber heute als morgen umsetzen. Denn unsere Gesellschaft und unsere Sicherungssysteme funktionieren nur mit Kindern."
FDP-Fraktionsvize Katja Suding forderte, eine unterschiedliche Belastung von Kinderlosen und Eltern dürfe nicht zu einer insgesamt höheren Abgaben-Belastung führen. "Die Steuereinnahmen sprudeln. Da ist es überfällig, dass der Staat die Menschen entlastet und ihnen endlich mehr von ihrem selbst verdienten Geld lässt – übrigens nicht nur der Eltern, sondern allen", sagte Suding der "Bild"-Zeitung.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte den Vorstoß seines Kabinettskollegen am Freitag mit den Worten zurückgewiesen, es sei "mehr als eine schräge Idee, Kinderlose zu bestrafen".
(V.Korablyov--DTZ)