China protestiert gegen Bundestagsdebatte über Lage der Uiguren
Eine Diskussion im Bundestag über die Lage der muslimischen Uiguren in der chinesischen Region Xinjiang hat scharfen Protest in Peking ausgelöst. In einer auf ihrer Internetseite veröffentlichten Stellungnahme erklärte die chinesische Botschaft in Berlin, China sei mit der Debatte "äußerst unzufrieden" und lege beim Bundestag und der Bundesregierung "ernsthaften" diplomatischen Einspruch ein. Die "willkürlichen Vorwürfe" des Bundestags seien eine "eklatante Einmischung in die inneren Angelegenheiten" der Volksrepublik.
Auf Antrag von Bündnis90/Die Grünen hatten sich die Abgeordneten am Donnerstag mit Chinas Umgang mit den Uiguren befasst. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen werden in Xinjiang bis zu eine Million Angehörige der muslimischen Minderheit willkürlich in Internierungslagern festgehalten. In einem Antrag wollen die Grünen die Bundesregierung auffordern, von Peking den Zugang unabhängiger Beobachter und Journalisten zur Region Xinjiang zu verlangen.
"Willkürliche Massenfestnahmen" sollten eingestellt, alle "Lager und Hafteinrichtungen" geschlossen und alle Inhaftierten "bedingungslos freigelassen" werden, hieß es in der Vorlage weiter, die im Anschluss an die Debatte an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe verwiesen wurde.
Die chinesische Botschaft warf dem Bundestag daraufhin vor, die Realität in Xinjiang zu missachten: Die Maßnahmen dienten zur "Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus".
Die Grünen-Abgeordnete Margarete Bause, die den Antrag im Bundestag eingebracht hatte, kritisierte die Reaktion Pekings. Sie verwahre sich gegen "derlei Einmischungen wie auch gegen damit verbundene Mahnungen oder gar Drohungen", erklärte sie. Der Antrag sei nicht "willkürlich", sondern greife "Berichte, Belege und Zeugenaussagen auf, die bereits unter anderem die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, das Europa-Parlament sowie zahlreiche Regierungen und Menschenrechtsorganisationen vorgebracht" hätten.
Kürzlich hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International von Peking Aufklärung über das Schicksal hunderttausender Inhaftierter gefordert. Zuletzt hatte es in Behördendokumenten und durch Aussagen früherer Häftlingen immer mehr Anzeichen dafür gegeben, dass inhaftierte Uiguren in Lagern politisch und kulturell indoktriniert werden. Viele sollen selbst wegen Kleinigkeiten inhaftiert worden sein - etwa wegen des Versendens von Grüßen zu islamischen Festen. Amnesty befragte für den Bericht mehrere ehemalige Häftlinge, die nach eigenen Angaben in den Lagern gefesselt und gefoltert wurden, politische Lieder singen mussten und über die Kommunistische Partei unterrichtet wurden.
Nach Angaben von Bause, der Sprecherin der Grünen für Menschenrechtspolitik im Bundestag, hatte ihr Büro das Schreiben der chinesischen Botschaft bereits am Donnerstagabend erhalten. Zuvor habe bereits ein Mitarbeiter der Botschaft angerufen.
Am Sonntag reist Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zu seinem Antrittsbesuch nach China. Nach Angaben des Auswärtigen Amts sind neben Gesprächen mit seinem Kollegen Wang Yi auch Treffen mit weiteren Vertretern der chinesischen Führung vorgesehen. Dabei soll es auch um den im Dezember geplanten Menschenrechtsdialog mit China gehen.
(A.Nikiforov--DTZ)