Kameruns Präsident tritt siebte Amtszeit inmitten von Krise an
Vor dem Hintergrund gewaltsamer innenpolitischer Spannungen ist Kameruns Präsident Paul Biya am Dienstag für seine siebte Amtszeit vereidigt worden. Der seit 36 Jahren herrschende Staatschef versprach in seiner Vereidigungsrede in Jaunde Verbesserungen für die englischsprachige Minderheit im Westen des Vielvölkerstaats, wo eine erstarkende Unabhängigkeitsbewegung für Unruhe sorgt. Dort herrsche "Frustration" unter einer "großen Mehrheit unserer Landsleute", räumte der 85 Jahre alte Biya ein.
Der Konflikt in West-Kamerun war erst am Vortag in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit gerückt, als mutmaßliche Unabhängigkeitsbefürworter dort 79 Schüler verschleppten. Viele Angehörige der englischsprachigen Minderheit fühlen sich im mehrheitlich frankophonen Kamerun benachteiligt. Rebellen riefen dort im vergangenen Jahr einen eigenen Staat "Ambazonia" aus.
Biya sagte der anglophonen Region nun mehr Eigenständigkeit zu. Der Prozess der Dezentralisierung solle "beschleunigt" werden, sagte er nach seiner Vereidigung. Er selbst wolle den Sorgen und Nöten der Menschen dort mehr Beachtung schenken. Auf die Forderungen der Menschen dort werde seine Regierung mit einer "guten Zahl von Antworten" eingehen.
Biya ließ dabei allerdings nicht erkennen, dass seine Regierung ihre harte Linie gegen die Unabhängigkeitsbefürworter abschwächen könnte. Der Präsident bezeichnete sie als "Extremisten" und "Kriegsunternehmer", die "Schrecken und Verzweiflung" verbreiteten. Biya rief sie auf, ihre Waffen niederzulegen.
Die kamerunische Regierung lehnt bislang jeden Dialog mit den Unabhängigkeitsbefürwortern ab. Die Streitkräfte gehen seit Ende vergangenen Jahres verstärkt gegen sie vor. Mehr als 300.000 Zivilisten flohen deshalb.
Biya hatte sich bei einer Wahl im Oktober im Präsidentenamt bestätigen lassen. Offiziellen Angaben zufolge erhielt er 71 Prozent der Stimmen. Die Opposition sprach von Wahlbetrug und reklamierte den Sieg für sich.
Rund ein Fünftel von Kameruns 22 Millionen Einwohnern gehören der englischsprachigen Minderheit an. Die sprachliche Spaltung ist eine Folge der Kolonialzeit: Die deutsche Kolonie Kamerun war nach dem Ersten Weltkrieg zwischen Großbritannien und Frankreich aufgeteilt worden. Nach der Unabhängigkeit Anfang der 60er Jahre kehrte ein Teil der von Großbritannien verwalteten Gebiete zum französischsprachigen Gesamtstaat Kamerun zurück. Der andere Teil schloss sich dem anglophonen Nachbarland Nigeria an.
(V.Sørensen--DTZ)